: Horror vacui
Das Phantom im Paradies, Brian de Palmas moderne Version des Horrorromans Das Phantom der Oper von Gaston Leroux (1910), geht am Samstag um 23.30 Uhr im ZDF um. War Leroux noch von literarischen Vorlagen wie Der Glöckner von Notre Dame oder Poes Gruselmärchen beeinflußt, so beruft sich de Palma von fern auf Goethes Faust und Wildes Bildnis des Dorian Gray. Grundthema dabei ist der Pakt mit dem Teufel, um jung bleiben zu können. Diesen Pakt schließt Swan, ein mysteriöser Popmusikmagnat. Für die Eröffnung seines Musikpalastes „Paradise“ stiehlt er dem Komponisten Winslow eine Faust-Kantate. Winslow, der mit dem Kopf in eine Plattenpresse gerät, stülpt sich eine Vogelmaske über und beginnt die Vorstellungen im „Paradise“ zu sabotieren...
Mehr Anlaß zum Gruseln bietet allerdings das Sonntagnachmittags-Programm des ZDF, wenn es um die Leichte Muse geht. Mit welcher Selbstverständlichkeit die Sender immer wieder alte Nazikomödien abspielen, ist mehr als perfide. Diesmal ist es ein rein-deutscher Spielfilm aus dem Jahre 1941, in dem Willy Fritsch, der angepaßte Schleimer, den lebenslustigen Operettendichter im schönen Berlin der Jahrhundertwende mimt, so, als wüßte in den ZDF -Programmredaktionen keiner, daß diese seichten Unterhaltungsschnulzen Teil der geschickten Goebbelsschen Hetz- und Durchhaltepropaganda waren, schreibt man dort ganz naiv: „Das Volksstück besitzt Herz und Gemüt, gibt das Zeitkolorit der Jahrhundertwende treffend wieder und dürfte besonders jenen Menschen, die sich an die 'gute alte Zeit‘ und an das alte Berlin noch selbst erinnern, großes Vergnügen bereiten.“ Treffender kann sich Geschichtslosigkeit nicht offenbaren.
utho
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen