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Mutlanger Geburtstagsblockade

■ Bremerin blockierte 1987 und bekam jetzt ihr Urteil über 375 Mark / Berufung eingelegt

Nur wenige landen vor Gericht, weil sie an einer Geburtstagsparty teilgenommen haben. In diesem Fall waren Ort und Umstände zugegeben ungewöhnlich: Seinen 50., fand der Bremer Hochschullehrer Dieter Herms, wollte er richtig sinnvoll feiern - und lud im Mai 1987 öffentlich ein zur „Geburtstagsblockade“ vor das Raketen-Depot in Mutlangen. Eine, die mit dabei war, hat es mit ihrem Urteil gestern schriftlich bekommen: Ursula Prahm, 51jährig und engagiert gegen Krieg und Militarismus, ist eben deshalb eine Straftäterin - die Gerichtssprache nennt das geburtstägliche Sitzen für den Frieden „gemeinschaftliche Nöti

gung“.

Rund 40 Leute aus Bremen waren damals eigens per Bus angereist, um jedenfalls eine Zeitlang gemeinsam den Kriegsübungs-Verkehr durch das Mutlanger Tor zu verhindern. Es regnete. „In Matsch und Dreck saßen wir da“, erinnert sich Prahm, „und als sich von innen ein Militär-Laster dem Tor näherte, lief alles ab wie nach Ritual“. Der Fahrer hielt innen. Polizei wurde gerufen und kam, „forderte uns ganz ordentlich dreimal auf zu gehen“. Wer danach immer noch saß, wurde weggetragen, vorsorglich fotografiert und zur Polizeiwache gebracht.

Nach Monaten - das zustän

dige Gericht in Schwäbisch Gmünd hat schließlich Serien solcher Fälle zivilen Ungehorsams zu bearbeiten - kam der Strafbefehl: 30 Tagessätze zu 20 Mark, und alles wäre erledigt gewesen. „Dagegen habe ich natürlich Widerspruch eingelegt wie andere auch“, erzählt Ursula Prahm, „ich wollte deutlich machen, daß es richtig ist, dem Militär im Wege zu sitzen, daß neu überlegt werden muß - und ich wollte dem Richter eine Chance geben, sich zu besinnen.“ Er hat sie nicht wahrgenommen. Ob sie denn trotz ihres Feindbildes zugeben würde, daß der Soldat im LKW eine „Tötungshemmung“ gehabt habe und sie nicht einfach über

fahren habe, wollte der Richter tatsächlich von ihr wissen. Und verurteilte sie, in einem dieser zahllosen Verfahren, trotz ihrer „ehrenwerten Motive“ - denn legal, legal sei das nicht, diese Gewalt gegen die Soldaten auszuüben und ihnen im Wege zu sitzen. Daß inzwischen politisch längst entschieden ist, auch die Mutlanger Pershing-II-Raketen zu verschrotten, ist paradox, spielt aber rechtlich keine Rolle. Gegen ihr Urteil - diesmal 25 Tagessätze zu 15 Mark hat Ursula Prahm, ohne Hoffnung auf Freispruch, selbstverständlich Berufung eingelegt: „Ich bin gegen das ganze System von Befehl und Gehorsam.“ S.P

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