: Bei Umweltvergehen ist die BRD Spitze
■ Vor dem Europäischen Gerichtshof in Luxemburg sind sieben Verfahren gegen die Bundesregierung anhängig
Luxemburg (taz) - Die Bundesrepublik ist ein ökologischer Schmutzfink und hat wenig Anlaß, mit Fingern auf die anderen EG-Länder zu zeigen oder gar permanente Alleingänge in Sachen Umweltschutz anzukündigen, die dann doch nie durchgeführt werden. Das bringt eine Liste der vor dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) in Luxemburg anhängigen Umweltverfahren ans Licht.
Da ist zum Beispiel der dem Planfeststellungsbeschluß der Bezirksregierung Weser-Ems zur Deichsicherung in der Leybucht. Die Deichsicherung beinhaltet Baumaßnahmen, die ein Vogelschutzgebiet zerstören werden. Die EG-Kommission klagt deshalb gegen die Bundesrepublik, weil sie die Richtlinie 79/409, Artikel 4 „über die Erhaltung wildlebender Vogelarten“ nicht einhält. Aber dieser Fall zeigt auch schon klar die Grenzen des EuGH auf: „Es ist ein Wahnwitz, daß EuGH-Verfahren keine aufschiebende Wirkung haben“, so Beate Weber, von 1984 bis 1989 Vorsitzende des Umweltausschusses im Europäischen Parlament. Daneben wirft die Kommission der Bundesrepublik folgende Vertragsverletzungen vor: 1. mangelhafte Umsetzung der Richtlinie „über den Schutz des Grundwassers gegen Verschmutzung durch bestimmte gefährliche Stoffe;
2. Verstoß des Bundesjagdgesetzes gegen die Richtlinie „über die Erhaltung wildlebender Vogelarten„;
3. Fehlende Umsetzung der Richtlinie „zur Festlegung der Kriterien, nach denen die Mitgliedsstaaten der Kommission die Auskünfte für das Verzeichnis der chemischen Stoffe erteilen„;
4. Unvollständige Umsetzung der Richtline „über Grenzwerte und Leitwerte der Luftqualität für Schwefeldioxid und Schwebestaub„;
5. Verstoß gegen die Richtlinie über die Qualitätsanforderungen an Oberflächenwasser für die Trinkwassergewinnung in den Mitgliedsstaaten und Verstoß gegen die Richtlinie „über die Meßmethoden sowie über die Häufigkeit der Probenahmen und der Analysen des Oberflächenwassers für Trinkwassergewinnung in den Mitgliedsstaaten„;
6. Verstoß gegen die Richtlinie „betreffend einen Grenzwert für den Bleigehalt in der Luft“.
Mit dieser Liste von insgesamt sieben Verfahren führt die BRD die Liste der europäischen Umweltsünder zusammen mit Italien. In weitem Abstand folgen Belgien, Frankreich, Griechenland und die Niederlande mit jeweils zwei anhängigen Verfahren, und Luxemburg und Spanien mit je einem Verfahren. Alle Richtlinien, die die Bundesrepublik nicht ordnungsgemäß umgesetzt hat, sind von ihr mitunterzeichnet worden.
Hortense Hörbiger
Eine Koalition, die was bewegt: taz.de und ihre Leser:innen
Unsere Community ermöglicht den freien Zugang für alle. Dies unterscheidet uns von anderen Nachrichtenseiten. Wir begreifen Journalismus nicht nur als Produkt, sondern auch als öffentliches Gut. Unsere Artikel sollen möglichst vielen Menschen zugutekommen. Mit unserer Berichterstattung versuchen wir das zu tun, was wir können: guten, engagierten Journalismus. Alle Schwerpunkte, Berichte und Hintergründe stellen wir dabei frei zur Verfügung, ohne Paywall. Gerade jetzt müssen Einordnungen und Informationen allen zugänglich sein. Was uns noch unterscheidet: Unsere Leser:innen. Sie müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Es wäre ein schönes Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen