Am Rechtsruck vorbei

■ Wahlen in Norwegen: Ein Nein nach allen Seiten

Nach den Parlamentswahlen in Norwegen ist nur eines klar: die NorwegerInnen haben Nein gesagt. Nein zur regierenden Arbeiterparteiregierung, nein aber auch zur bürgerlichen Alternative unter Führung der Konservativen. Diese verloren nach Ansicht der Meinungsforscher fast ein Drittel ihrer Wählerschaft vor allem nach rechtsaußen. Dort steht Carl Hagen deutlich gestärkt, ohne daß es aber den vorhergesagten Erdrutsch nach rechts gegeben hätte. Trotzdem müssen die 13Prozent für seine rechtsextreme Fortschrittspartei als Alarmsignal gelten: Nach Dänemark ist nunmehr ein weiteres skandinavisches Land in den gesamteuropäischen Trend nach rechtsaußen eingeschwenkt.

Das Wahlergebnis dokumentiert vor allem Unzufriedenheit mit der Regierung Brundtland, die nicht verhindern konnte, daß im Land die höchste Arbeitslosigkeit seit den dreißiger Jahren herrscht, aber auch mangelndes Vertrauen in die unter sich zerstrittenen bürgerlichen Oppositionsparteien. Hier konnte die Botschaft der Fortschrittspartei nach einem totalen Umbau des norwegischen Wohlfahrtsstaats Früchte tragen: weniger Staat, mehr Privatinitiative, weg mit allem, was den guten norwegischen Kern zu verfaulen droht, von AusländerInnen bis zu unverheirateten Müttern.

Für die norwegische Politik könnten aber die Stimmengewinne für die Linkssozialisten eine wesentlich größere Wirkung entfalten, als die für die Fortschrittspartei. Mit Hagen will keine Partei zusammengehen, außer die Konservativen, die es aber noch nicht zu sagen wagen. Sollte der Versuch der bürgerlichen Parteien scheitern, eine Rechtskoalition aus Konservativen, Zentrum und Christlicher Volkspartei zusammenzuzimmern - und hierfür sprechen viele unüberbrückbare Meinungsverschiedenheiten - ist wieder die Arbeiterpartei an der Reihe. Die bräuchte es aber ohne eine weitreichende Unterstützung durch die Linkssozialisten gar nicht erst zu versuchen. Die Verdreifachung der Sitze für die Linkssozialisten ist ein ebenso deutliches Zeichen: für mehr Umweltschutz, Ausbau des Wohlfahrtsstaates, eine entschiedenere Arbeitsmarkt- und Regionalpolitik.

Es hat sich wenig geändert, kommentierte Ministerpräsidentin Brundtland in der Wahlnacht: bisher war die Sitzverteilung zwischen bürgerlichem und sozialistischem Lager 80 zu 77, jetzt sind es 83 zu 82 Sitze. An den unzureichenden Mehrheiten hat sich nichts geändert, hinter diesen Zahlen aber mehr als der Sozialdemokratin lieb sein dürfte.

Reinhard Wolff