Norwegen: Rechte und Linke gewinnen

Bei den Parlamentswahlen kam die ausländer- und steuerfeindliche „Fortschrittspartei“ auf 12,8 Prozent / Ministerpräsidentin Brundtland, deren Sozialdemokraten kräftig verloren, will mit Hilfe der „Sozialistische Linkspartei“, die Stimmen gewann, weiterregieren  ■  Aus Oslo Gunnar Köhne

Der für die norwegischen Parlamentswahlen am Montag erwartete Rechtsruck ist anders ausgefallen als erwartet. Die ausländer- und steuerfeindliche „Fortschrittspartei“ (FRP) konnte ihren Stimmenanteil von 3,7 auf 12,8 Prozent steigern - auf Kosten der Konservativen, die landesweit 8,5 Prozent verloren (21,7 Prozent). Auch die Sozialdemokraten unter der Parteivorsitzenden und Ministerpräsidentin Gro Harlem Brundland haben kräftig verloren: 34,7 Prozent, das schlechteste Ergebnis seit 1973. Sie haben Stimmen an die zweite Siegerin dieser Wahl verloren, an die „Sozialistische Linkspartei“, die mit zehn Prozent jetzt doppelt so stark ist wie 1985. Damit steht dem „sozialistischen“ Lager mit 81 Abgeordneten ein bürgerlicher Block aus den Zentrumsparteien, den Konservativen und der FRP mit zusammen 83 Abgeordneten gegenüber.

Zur Zeit deutet aber wenig darauf hin, daß es so bald zur Abwahl der sozialdemokratischen Minderheitsregierung kommen wird, da die FRP in jedem Fall an einer zukünftigen bürgerlichen Koalition beteiligt werden möchte, was die Vertreter des Zentrums am Wahlabend noch einmal strikt abgelehnt haben. Bleibt die Regierung Brundtland im Amt, muß sie wie in den vergangenen drei Jahren vor Abstimmungen sowohl die Zustimmung der Linkssozialisten als auch des Zentrums einholen. Ist die politische Situation auch verfahren, wenigstens darüber, daß mit 59 Frauen gegenüber 106 Männern ein neuer „Frauen-Rekord“ im Storting aufgestellt wurde, herrschte überparteilicher Stolz.

Gleichzeitig mit den Parlamentswahlen fanden erstmals landesweit Wahlen zu einem eigenen SamenParlament (Sametinget) statt. Die Ureinwohner Norwegens, die Samen (oder Lappen), konnten eine eigene Volksvertretung wählen, die in Samen-Angelegenheiten eine „ratgebende Funktion“ für die Osloer Regierung haben soll. Die meisten der 39 Sitze gewann der überparteiliche „Samische Reichsverband“. Von den Parteien kamen nur die Sozialdemokraten ins Sameting. Kommentar auf Seite 8