: „Die rennen offene Türen ein!“
■ Wie der Humangenetik-Verbandsvorsitzende auf den Rassismus-Vorwurf reagiert
taz: Für Ihre Tagung sind Proteste angekündigt, einige Mitglieder Ihrer Gesellschaft sollen in alter Nazi-Tradition stehen.
Prof. H. Walter: Viele der Forderungen unterstütze ich als erster. Fatal ist nur, daß unsere Gesellschaft noch „für Anthropologie und Humangenetik“ heißt. Seit 1988 gibt es eine eigene Gesellschaft für Humangenetik, und da sind jetzt all diese Leute drin. Daß unsere Gesellschaft noch so heißt, ist für mich natürlich eine sehr delikate Situation; auch in der Anthropologie gibt es natürlich eine Reihe von schlimmen Dingen. Ich will im nächsten Jahr in Bremen ein Symposium veranstalten „Anthropologie, Rassismus und Sexismus“, in dem wir aufarbeiten, was heute noch von manchen meiner Fachkollegen vertreten wird.
Wie werden Sie sich verhalten?
Wir bekommen ja einen neuen Vorsitzenden, hoffentlich den richtigen. Wir müssen diese Dinge an die Öffentlichkeit bringen, von falscher Rücksichtnahme Abstand nehmen und uns mit Konzepten auseinandersetzen aus der Zeit vor 1945 und vor 33, die Sie noch in vielen Lehrbüchern finden. Das werde ich in meiner Eröffnungsrede sagen. Die Leute rennen offene Türen ein.
Und die Rassenforscher sitzen im Publikum?
Wer angesprochen werden soll, ist inzwischen bei uns ausgetreten, die kommen ja gar nicht nach Bremen. Wir werden unseren Laden einmal gründlich aufräumen und für Ordnung sorgen, auch Roß und Reiter öffentlich nennen.
Gehen Sie am Freitag auf die Gegenveranstaltung?
Natürlich!
UIhre KritikerInnen haben angekündigt: „Wir bringen den Kongreß zum Tanzen.“
Die Stoßrichtung ist doch eine andere! Ich gehe hin und versuche, meine Gedanken zu sagen.
Die humangenetische Beratung soll gestoppt, die Gen -Forschung abgeschafft werden...
Bei der Beratung wird doch vielleicht auch Gutes getan! Ich weiß, was da oft für schlimme Entwicklungen im Gang sind. Ich weiß auch, daß viele Frauen, die aus ärztlicher Verantwortung beraten haben, ausgestiegen sind.
Aber kompetenten Rat muß man doch irgendwo bekommen können. Das geht die Humangenetik an, nicht die Anthropologie. Und man muß auch die Humangenetik diferenzieren, nicht alle machen Genforschung am Menschen, da gibt es auch kritische und gute Ansätze.
Machen Sie sich Sorgen wegen der Gegenaktionen?
Ärgern würde es mich, wenn unsere kritischen Ansätze Ärger in Bremen kriegten - von denen, mit denen wir doch zusammengehen wollen! Alle kritschen Gruppen sollten zusammenarbeiten. Fragen: Susanne Paa
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen