: Gen-Tagung mit Widerstand
■ Frauen-Gen-Forum gegen „Gesellschaft für Anthropologie und Humangenetik“
„Wir werden die Tagung der 'Gesellschaft für Anthropologie und Humangenetik‘ nicht widerstandslos hinnehmen“, hat bereits jetzt das Bremer Frauen-Gen-Plenum angekündigt. In der kommenden Woche, vom 19. bis 23. September, wollen sich AnthropologInnen und HumangenetikerInnen in Bremen treffen, um die 21. Jahrestagung ihrer Gesellschaft abzuhalten.
Der Bremer Professor und Populationsgenetiker Hubert Walter ist derzeit Vorsitzender der Gesellschaft und richtet die Tagung aus. Prof. Werner Schloot, Leiter des so hoch frequentierten wie viel umstrittenen Bremer Humangenetischen Instituts, ist ebenso Mitglied in der Gesellschaft wie andere Bremer Universitätsangehörige. Über Populationsgenetik und Evolution, über Genetik bei Primaten oder auch über die Bedeutung des Hautleistensystems sollen die ForscherInnen in Bremen aber nicht einfach so hören und reden.
„Wir bringen den Kongreß zum Tanzen!“ erklärte das Frauen-Gen-Plenum schriftlich und in großen Lettern und verteilte an die BremerInnen Faltblätter mit akribisch zusammengetragenen Informationen, vor allem zur Geschichte und den personellen Verflechtungen der Humangenetik.
Die 'Gesellschaft für Anthropologie‘ wurde 1948 gegründet, und ausgerechnet v. Eickstedt, einer der führenden Rassekundler und der Herausgeber der Zeitschrift für Rassenkunde, 1935-1944 erschienen, wurde ihr erster Vorsitzender. Als sich 1965 die 'Gesellschaft für Konstitutionsforschung‘ anschloß, nannte man den neuen Gesamt-Verein 'Gesellschaft für Anthropologie und Humangenetik‘, die wichtigste Standesorganisation in der BRD.
„Hauptbetätigungsfelder dieser Gesellschaft sind die 'Rassenkunde‘, heutzutage als 'Populationsgenetik‘ bezeichnet, die 'Erbgesundheitspflege‘ und die
'Sorge um die Leistungsfähigkeit künftiger Generationen'“, werfen die Gen-Plenum-Frauen den ForscherInnen vor. Und zitieren Mitglied Knußmann, der in einem 1980er Buch Schwarze als „plattnasig“, „wulstlippig“ und minderintelligent aufgrund ihrer „Rassenzugehörigkeit“ beschrieben habe. Weiter: “...manch einer aber auch direkt an der Rampe im KZ wie in Auschwitz Mengele, langjähriger Assistent Verschuers, der nach dem Krieg Mitglied der Deutsche Gesellschaft für Anthropologie wurde, zeitweise sogar ihr Vorsitzender, schließlich Mitglied der Deutschen Gesellschaft für Humangenetik.“
Mit einer ganzen Reihe von Gegenveranstaltungen, Diskussionen, Filmen und einer Demonstration wollen die KritikerInnen auf die Tagung in der Stadt reagieren. Susanne Paa
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