: Wie im 19. Jahrhundert!
■ Betr.: Semesterbeginn an den Volkshochschulen
Betr.: Semesterbeginn an den Volkshochschulen
Auch in diesem Jahr schmücken sich Senat und Bezirke mit den neuen Programmen der Volkshochschulen und werben um Teilnehmer. Und auch in diesem Jahr werden Zehntausende von Berlinern Schlange stehen, um einen Kurs an ihrer Volkshochschule zu belegen, und Hunderte müssen wegen Überbelegung ganzer Programmteile abgewiesen werden.
Die trotz aller Widrigkeiten steigende Nachfrage nach Volkshochschulkursen beweist jedes Jahr von neuem die Attraktivität und Bürgernähe dieser staatlichen Weiterbildungsinstitute. Doch während das Volkshochschulangebot in der Bevölkerung auf breiteste Zustimmung trifft, wird die ganze Volksbildung von den Regierenden mit Nichtachtung bedacht: Die personelle, materielle und finanzielle Ausstattung der Volkshochschulen steht in krassem Gegensatz zur gegenwärtigen und zu erwartenden Nachfrage. Daran soll sich anscheinend auch nach dem Regierungswechsel nichts ändern.
So nimmt es auch dieser Senat hin, daß die staatliche Weiterbildung von freien Mitarbeitern getragen wird, die wie Tagelöhner und Saisonarbeiter auf dem sozialpolitischen Niveau des 19.Jahrhunderts arbeiten müssen: ohne Tarifverträge und ohne soziale Sicherung wie zum Beispiel Kündigungsschutz, Mutterschutz, Lohnfortzahlung im Krankheitsfall.
Sollte dieser Senat nicht wenigstens in der Lage sein, gemeinsam mit den Betroffenen - wie schon unter CDU/FDP -Regierung in Sachen „Neuordnung der Honorare“ - eine Kommission zu bilden, um schrittweise die unhaltbaren Zustände dauerhaft zu überwinden? Oder sollte die wenig spektakuläre und wenig medienwirksame Volksbildung die Regierenden nunmehr nicht mehr in dem Maße interessieren wie weiland vor der Wahl?
Michael Weiß, Achim Smit, Sprecher der VHS-DozentInnen
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