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Samstag in der Schauburg

■ „Distant Voices, Still Lives“

Die Familienfeiern und die Lieder, die großen Kräche, bösen Worte und die Gesichter der Freunde von damals: das ist der Stoff, aus dem die Erinnerungen sind - die Partikel aus denen wir uns die eigene Vergangenheit wieder zusammenreimen. Genau das hat Terence Davies in diesem Film über seine Jugend im Liverpool der vierziger und fünfziger Jahre gemacht. Das erste Bild ist ein vergilbtes Familienfoto, und nur langsam beginnen sich die Mutter, ihre zwei Töchter und der Sohn zu bewegen. Die verwaschenen Farben und die ruhige Bildführung (bei der man wirklich die Menschen anblickt und keine cleveren Kameraeinstellungen) tauchen den ganzen Film in eine zugleich kühle und nostalgische Stimmung, und fast ununterbrochen werden die populären Lieder der Zeit gesungen oder gespielt - ferne Stimmen und Stilleben.

Die strenge Schönheit der Bilder von Davies steht dabei im Kontrast zu der eintönigen und grausamen Welt, die er in Erinnerung ruft. Die Arbeiterfamilie wurde von einem despotischen und gewalttätigen Vater beherrscht und bei der Hochzeitsfeier von Eileen erinnern sich die Geschwister und die verwitwete Mutter in Rückblenden an die tiefen Verletzungen, die er jedem einzelnen zufügte. Der zweite Teil ist um die Taufe des ersten Enkelkindes zentriert und zeigt in Alltagsszenen oder bei einer Feier im Pub, wie unbarmherzig die alten Muster von der neuen Generation wiederholt werden, wie die Frauen verbitterte und frustrierte Versionen ihrer Mütter werden und die Männer abseits stehen in ihrer einsilbigen Welt aus Fussball, Bier und Wetten.

Nur die Lieder bringen hier Trost, und Eileens Freundin Mickey, die sich mit lakonischem Humor zur Wehr setzt, ganz ähnlich wie die Liverpooler 8oer Jahre-Mädchen in „Letter to Breshnev“. Derek Malcolm hat im Guardian die Qualitäten dieses Films auf den Punkt gebracht: „Im Zentrum steht dieses schreckliche Klischee des Kinos: der Triumph des verwundeten menschlichen Geistes über alles. Nur diesmal fühlt man weder Verlogenheit noch Sentimentalität.“ Wilfried Hippen

Schauburg, heute 19 Uhr

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