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142 Jahre Bahnhof in Bremen

■ Gefeiert wird heute aber trotzdem / Einmal auf die Lok / Einmal wieder Dampf

Manchmal wollen die Feste einfach nicht so fallen, wie man sie feiern möchte. Feiern will man immer gern, besonders Jahrestage, ganz besonders solche mit zwei Nullen, und die fleißigsten Selbstfeierer sind die Werbestrategen der Bahn. Der Bremer Bahnhof wird 100! So sei es also, auch wenn es an Ort und Stelle schon exakt 142 Jahre einen Bahnhof zu bestaunen gibt. Wir jubilieren, weil 1889 das neue Bremer Hauptbahnhofsgebäude eingeweiht wurde, mit neuer Vestibülfassade, prägnantem Mittelpavillion und deutlicher Bahnsteighalle; ein Bekenntnis zur Funktion - bürgerliches Selbstbewußtsein! Der vorherige Bahnhof - der „Hannoversche“ ge

nannt, weil dort die Linie Hannover

Bremen endete - glich weit mehr einem Schlößchen.

Bahnhofsfest

Am Samstag und Sonntag ist Bahnhofsfest angesagt. Weil komischerweise zugleich das Ausbesserungswerk in Sebaldsbrück, der „Eisenbahnreparaturdienst“, 75 Jahre alt wird, gibt es kostenlose Pendelfahrten dorthin. Schlau stellt die DB dabei ihre CityBahn-Wagen vor, die künftig nicht ganz so umsonst nach Bremen-Nord pendeln. In Sebaldsbrück erwarten uns eine Lokparade inclusive Schmalspur, eine Draisine zum benutzen und die Kind-im-Mann -Modelleisen

bahn. Irgendein Film von Tanner muß es gewesen sein, der von dem traumhaften Hineinrasen in die Landschaft auf dem Führerstand der Lok erzählte. Mitfahren auf dem Führerstand der V 291 heißt die ganz große Attraktion im Ausbesserungswerk.

Schienenscheibchen

Und im „Central-Bahnhof“? Da gibt's Gulasch, zu trinken und Blasmucke und auf Gleis 1 eine Sitzprobe im „Zug der Zukunft“, dem ICE. Wer Interesse am Gleiskörper vortäuscht, bekommt ein Scheibchen Schiene abgeschnitten (Ausgang zur Bürgerweide). Und noch ein 100.! Die Gepäckträgergemeinschaft feiert ihn auch und informiert merkwürdigerweise über die ruhmreiche Entwicklung vom Pferd zum Auto.

Wer den Intercity noch nicht kennt, darf ihn nach Oldenburg oder auch nach Bremerhaven mit eigenem Chauffeur probefahren; viel eher wird man aber die Dampflok nicht mehr kennen: ab nach Bremerhaven hinter der „41360“ her. Obacht Fotofreunde: Scheinanfahrten zum Knipsen! Und die Blagen, die partout nicht mehr von einer Zukunft als Lokomotivführer träumen wollen? Überlaßt sie dem „Adler-Straßenzug“ oder gebt sie bei der Expressgutabfertigung ab: Unter „Aufsicht geschulter Fachkräfte“ basteln sie (vermutlich Eisenbahn-) Phantasielandschaften, und hastenichtgesehn kommen lauter kleine Lokführerchen dabei raus und helfen der Bahn beim personellen Engpaß.

Burkhard Straßman

Samstag und Sonntag von 10 bis 18 Uhr läuft der Spaß.

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