: Nacht-und-Nebel-Aktion
Die ADN-Erklärung von Montag: Ungarn verletzt völkerrechtliche Verträge ■ D O K U M E N T A T I O N
Nach langfristiger Planung und sorgfältiger Organisation wurde am Montag in einer Nacht-und-Nebel-Aktion begonnen, mit größtem propagandistischen Aufwand eine größere Anzahl Bürger der DDR illegal und unter Verletzung völkerrechtlicher Verträge und Vereinbarungen aus der Ungarischen Volksrepublik in die BRD zu verbringen. Dies ist ein präzedenzloser Vorgang im internationalen Leben, in den Beziehungen souveräner Staaten und stellt eine offene Einmischung in die inneren Angelegenheiten der DDR und anderer Staaten dar. Die Verantwortlichen in der BRD haben diesen Schritt trotz aller Hinweise und Warnungen, entgegen allen konstruktiven Vorschlägen und Initiativen der DDR zur einvernehmlichen Lösung dieses Problems unternommen und finanziert. In einer zügellosen Hetz- und Verleumdungskampagne gegen die DDR wurden unter Mißbrauch von Reise- und Kontaktmöglichkeiten, über Massenmedien und durch direkte Aktionen unverhüllte Abwerbung und Irreführung von Bürgern unseres Staates betrieben.
Es ist bedauerlich, daß sich Vertreter der Ungarischen Volksrepublik zur Verletzung von Abkommen und Vereinbarungen verleiten ließen. Völkerrecht und internationale Vereinbarungen können in keiner Weise als Rechtfertigung für diese Entscheidung angerufen werden, sie verbieten, im Gegenteil, die Einmischung in innere Angelegenheiten, die Mißachtung nationaler Gesetze und Ordnungen anderer Staaten sowie die willkürliche Aufkündigung oder einseitige Außerkraftsetzung bindender Verträge und Vereinbarungen.
Die Vertreter aus Bonn nutzten die ungarische Haltung für ihre antisozialistischen und revanchistischen Ziele weidlich aus. Der sozialistische deutsche Staat hat Geduld, Beweglichkeit, aber selbstverständlich auch prinzipielle Festigkeit bewiesen. Er hat den beteiligten Staaten konstruktive Angebote unterbreitet. Er bleibt bereit, den betreffenden Bürgern der DDR, die - aus welchen Gründen auch immer - unsere Republik verlassen wollten, den Weg zurück zu Gesetz und Ordnung zu ermöglichen, Großmut walten zu lassen. Dies entspricht dem humanistischen Charakter unserer Gesellschaftsordnung. Versuche der politischen und ökonomischen Erpressung, Drohungen und Verlockungen müssen dabei selbstverständlich entschieden zurückgewiesen werden.
Dieser Coup aus der BRD ist weder eine zufällige noch vereinzelte Aktion. Er ist Bestandteil des Kreuzzuges des Imperialismus gegen den Sozialismus insgesamt, wobei für die einzelnen sozialistischen Bruderstaaten von Berlin bis Peking jeweils spezielle Rezepte verordnet werden.
In Europa hat sich manches zum Positiven gewandelt, einschließlich in den Beziehungen zwischen beiden deutschen Staaten sowie der DDR und Berlin (West). Die Idee des gemeinsamen Hauses Europa findet immer breitere Unterstützung. (...)
(Auszüge)
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen