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Britische Waffenlieferungen an China

Trotz Waffenembargo: Thatcher-Regierung genehmigt Lieferungen von Radarsystemen für MiG-Kampfflugzeuge an Volksrepublik Labour-Party protestiert / Windige Ausreden des Außenministers / GATT will Beratungen über China-Beitritt wieder aufnehmen  ■  Von Ralf Sotscheck

London (taz) - Die Thatcher-Regierung hat britische Waffenlieferungen an China genehmigt. Der „allerletzten Heuchelei“ beschuldigte die Labour-Party gestern die britsche Regierung, nachdem das Außenministerium am Donnerstag die Lieferung von Radargeräten für Kampfflugzeuge an die Volksrepublik abgesegnet hat. Labour-Politiker hielten der Regierung vor, daß sie ihr eigenes Waffenembargo breche. Der damalige Außenminister Sir Geoffrey Howe hatte das Embargo erst vor drei Monaten nach dem Massaker an den Demonstranten auf dem Tiananmen-Platz in Peking verhängt. Damals sagte Howe, daß „sämtliche Waffenlieferungen an China verboten“ seien.

Die Einzelheiten des jetzt genehmigten Liefervertrages wurden nur bekannt, weil Gerald Kaufman, der Außenminister des Labour-Schattenkabinetts, wiederholt nachfragte. Die Lieferung im Wert von 100 Millionen Mark umfaßt hochentwickelte Radarsysteme für MiG-Kampfflugzeuge. Diese Radarsysteme ermöglichen es den Piloten, sowohl die Flugkontrollgeräte als auch die Waffensysteme ständig zu überprüfen, ohne die Augen vom Angriffsziel nehmen zu müssen. Ein Sprecher der britischen Herstellerfirma GEC -Marconi sagte gestern: „Die Ereignisse in China sind höchst kompliziert. Wir haben uns sehr stark auf die britische Regierung verlassen, die uns bei der Interpretation der Frage geholfen hat, wie wir uns in Hinsicht auf die Beziehungen zu China verhalten sollen.“

Das Außenministerium erklärte am Donnerstag, daß die Erteilung der Waffenexportlizenz für GEC-Marconi durchaus mit dem über China verhängten Waffenembargo vereinbar sei. Schließlich gelte das Exportverbot lediglich für „Schußwaffen, Munition, Raketen, et cetera, sowie für Ausrüstungen, die zu inländischen Repressionen eingesetzt werden können“. Der Vertrag über die Radarsysteme, der schon vor der Verhängung des Embargos abgeschlossen worden war und seitdem überprüft wurde, falle nicht unter dieses Verbot.

Kaufman wies diese Erklärung als spitzfindig zurück. Er sagte, daß Howes damalige Exportsperre keine Ausnahmen oder Einschränkungen enthalten habe.

Auch auf dem internationalen Parkett wird China wieder aufgewertet: Am Donnerstag abend wurde bekannt, daß das Allgemeine Zoll- und Handelsabkommen (GATT) die nach der blutigen Niederschlagung der Demokratiebewegung in China ausgesetzten Beratungen über den Beitrittsantrag der Volksrepublik im Dezember wieder aufnehmen will.

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