: Biedere Kost
■ „Invisible Limits“ in der Scala in Vegesack
Die neue „Scala“ gehört, klein aber fein, sicherlich zu den schönsten Veranstaltungsräumen Bremens. Das ist die gute Nachricht. Die schlechte ist, daß sie in Vegesack liegt, hoch im Norden außen vor. Wie soll man Musikmenschen überreden, in der Filiale aufzutreten, wo doch deren Betreiber citynah den attraktivsten Laden der Stadt führen? „Die wollen alle nur im Modernes spielen“, sagt Heiner Hellmann, einer der vier von der Scala.
„Invisible Limits“, darüber herrschte Einigkeit im Foyer, waren jedenfalls kein guter Anfang für die bevorstehende Konzertreihe. Das Dortmunder Quartett mit der attraktiven Sängerin Marion Küchenmeister beliefert seine Klientel mit hektisch treibenden Rhythmussequenzen, die manche meist schwarz gekleidete Menschen gern als „hypnotisch“ bezeichnen - wohl weil einen bei längerer Konfrontation mit derlei Klängen eine geradezu zwanghafte Müdigkeit anfällt, vielleicht aber auch, weil es irgendwie ein geiles Wort ist.
Cool bedröhnten die Limits ihr nicht allzu zahlreich erschienenes Schwarzfußvolk mit vorfabrizierter Langeweile: Gleichförmiger Wummerbaß, krachende, schnelle Gitarrenakkorde beinahe ohne Soli, ein Schlagzeug mit immergleichem geraden Puls, und fürs Dramatische die schweren Akkorde eines Keyboarders, der insgesamt unsichtbarer blieb als die Grenzen der Musiker: Seine Klänge kamen vom Band. Allein die klare Stimme der blondtoupierten Marion gab den
Dreiminutenstücken eine gewisse Prägnanz. Doch anstatt sie als Mittelpunkt des Geschehens nach vorn zu ziehen, ließ der Mann am Mischpult sie an der Soundmauer ihrer Jungs zerschellen.
So blieb biedere Durchschnittskost von der Independant -Speisekarte, wie man sie schon dutzende Male vorgesetzt bekommen hat. Die „eigenen Wege“, die die Band laut PR gehen soll, erwiesen sich als ausgetretene Pfade. Doch was soll's. Auch die Invisible Limits haben Fans, die sich mit leuchtenden Augen und klatschheißen Händen vor der Bühne drängen und die kleinen Botschaften abfeiern, als sei ihnen gerade Musikgottes Offenbarung zuteil geworden. Rainer Köste
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