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Deutsch-Polnisch- Katholische Annäherung

■ Eröffnung des „Katholischen Forums“ in Bremen

Zu einer „öffentlichen Diskussion wichtiger Zeitfragen“ hatte das Bildungswerk der katholischen Kirche und Pax Christi am Donnerstag den polnischen Historiker Wladyslaw Bartoszewski eingeladen. Bartoszewski ist nicht nur engagierter Botschafter der Versöhnung zwischen Polen und Deutschen, sondern auch Repräsentant des neuen Polen.

Ein „demokratisches Land wie jedes andere in Europa“ soll Polen werden, und entsprechend wünscht sich B. die Beziehungen zur Bundesrepublik. „Freundschaft von oben haben wir jetzt lange genug gehabt“, Ehrlichkeit und Achtung voreinander seien jetzt viel wichtiger als Brüderküsse.

Vor dem Hintergrund der deutsch-polnischen Vergangenheit ist die Mission Bartoszewskis äußerst schwierig. Kein anderes Land hat so unter der faschistischen Vernichtungswut gelitten wie Polen. Hans Frank, der Paladin Hitlers im besetzten Polen, erklärte im März 1940, „daß die Polen für alle Zeit das Rückgrat gebrochen erhalten und daß niemals wieder auf diesem Gebiet auch nur der geringste Widerstand gegen die deutsche Reichspolitik bestehen kann.“ Millionen Polen wurden Opfer der deutschen Besatzung. Trotz dieser schwierigen Ausgangslage be

mühte sich Bartoszewski seit den 60er Jahren konsequent um Aussöhnug. „Die Polen sind sehr geschichtsbewußt, die Leute hier sind lieb, aber naiv“, erläutert er seine Erfahrungen als Gastprofessor in der Bundesrepublik. Die mangelnde Sachkenntnis der Bundesdeutschen in ihrer eigenen Geschichte erschwere immer wieder die Annäherung.

Bartoszewski weiß seine Zuhörer zu fesseln. Das liegt nicht nur an seinem Vortragsstil, sondern auch an abenteuerlichen Spekulationen: „Wir Polen haben viel Verständnis für den Wunsch nach Wiedervereinigung. Wir haben schließlich in 6 Generationen 3 Staaten gehabt, aber bei uns käme nie jemand auf die Idee, ehemals polnische Gebiete zurückzufordern.“ Wenn die Bundesrepublik die polnische Westgrenze anerkenne, könnte man mit den Polen - möglicherweise - über eine deutsche Wiedervereinigung reden.

Der Diskussionsteil in der Veranstaltung im Bremer Rathaus blieb unbefriedigend kurz. Die Rolle der katholischen Kirche in den 30er und 40er Jahren oder eine Stellungnahme zum Karmeliterinnen-Kloster auf dem Gelände des ehemaligen Konzentrationslagers Auschwitz hätten eine spannende Diskussion ermöglichen können. ma

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