: Zerwürfnis zwischen London und Dublin
Anglo-irische Konferenz über die Rolle der nordirischen „Sicherheitskräfte“ ergebnislos abgebrochen / Adressen und Fotos angeblicher IRA-Mitglieder aus Polizeirevier „verschwunden“ ■ Aus Dublin Ralf Sotscheck
Die anglo-irische Konferenz wurde am Freitag abend nach über siebenstündigen Gesprächen abgebrochen, ohne daß die Differenzen über die Rolle der nordirischen „Sicherheitskräfte“ ausgeräumt werden konnten. Das Treffen zwischen dem irischen Außenminister Gerry Collins und dem neuen britischen Nordirlandminister Peter Brooke war das längste in der vierjährigen Geschichte des anglo-irischen Abkommens über Nordirland.
Dublin hatte darauf bestanden, daß am Freitag ausschließlich über die Zusammenarbeit des „Ulster Defence Regiment“ (UDR), das der britischen Armee untersteht, mit protestantischen Mordkommandos verhandelt wurde. In der vergangenen Woche waren mehrere Fälle bekannt geworden, in denen UDR-Soldaten geheime Informationen über „mutmaßliche IRA-Mitglieder“ weitergegeben hatten. Zwei UDR-Soldaten wurden des Mordes an katholischen Zivilisten angeklagt.
Die britische Premierministerin Margaret Thatcher hatte am letzten Mittwoch in ihrer sensiblen Art Öl ins Feuer gegossen, als sie bei ihrem alljährlichen „Überraschungsbesuch“ in Nordirland das UDR für seine „ausgezeichnete Arbeit und große Tapferkeit“ lobte. Außenminister Collins verlangte am Freitag, daß das UDR nicht mit Plastikgeschossen ausgerüstet werden dürfe. Darüber hinaus sollen die UDR-Soldaten bei ihren Streifengängen von der Polizei (RUC) begleitet werden und den katholischen Arbeitervierteln gänzlich fernbleiben.
Allerdings ist am Vorabend der Konferenz das Vertrauen der irischen Regierung in die RUC nachhaltig erschüttert worden. Ein Sprecher des Nordirlandministeriums mußte zugeben, daß die Fotos und Adressen von zwölf angeblichen IRA -Sympathisanten aus einem Polizeirevier bei Belfast verschwunden sind. Die RUC warnte die betreffenden Personen inzwischen, daß sie möglicherweise mit Mordanschlägen zu rechnen hätten. Der irische Außenminister Collins sagte nach der Konferenz, daß das anglo-irische Abkommen infrage stehe, wenn London und Dublin sich nicht über die Rolle der „Sicherheitskräfte“ einigen könnten. Die Gespräche seien zwar zusammengebrochen, aber man habe sich auf eine Wiederaufnahme geeinigt. Peter Brooke, der äußerst unsicher und nervös wirkte, sprach dagegen von „großen Fortschritten“ bei den Verhandlungen.
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