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Millionenbetrug bei Chemieriese Hoechst?

■ Der Frankfurter Konzern soll staatliche Versicherungsgelder erschwindelt haben / Mauscheleien mit Versicherung und Wirtschaftsministerium / Vorwürfe stammen aus anonymer Anzeige bei der Frankfurter Staatsanwaltschaft / Der 'Spiegel‘ berichtet

Frankfurt (ap) - Die Frankfurter Staatsanwaltschaft prüft Vorwürfe, der Frankfurter Chemiekonzern Hoechst AG habe staatliche Versicherungsgelder in Millionenhöhe erschwindelt. Einen entsprechenden Bericht des Hamburger Nachrichtenmagazins 'Der Spiegel‘ bestätigte am Sonntag in Frankfurt Justizsprecher Hubert Harth. Der Staatsanwaltschaft liege eine anonyme Anzeige vor, die „Verdachtsmomente enthalte“, daß das Unternehmen jahrelang durch falsche Angaben unberechtigte Entschädigungen von der staatlichen Hermes-Versicherung kassiert habe. Ein Sprecher der Hoechst AG wies die „Unterstellungen“ am Wochenende zurück und kündigte für heute eine Stellungnahme an.

Die Hermes-Versicherung deckt gegen Prämienzahlung die Forderungsausfälle ab, die Unternehmen durch Zahlungsschwierigkeiten belieferter Länder hinnehmen müssen. Wenn das Exportrisiko in ein Krisenland zu groß geworden ist, hebt die Bundesversicherung die Deckung auf und gibt das auch bekannt. Dem 'Spiegel‘ zufolge soll Hoechst zahlreiche Exportverträge mit Zaire und der Türkei in eine Zeit rückdatiert haben, in der für die Lieferungen noch Versicherungsschutz bestanden habe. Auf diese Weise habe der Konzern rund 30 Millionen Mark erstattet bekommen. Einen Großteil dieser Summe habe Bonn inzwischen von den Schuldnerländern zurückerhalten.

Die vom 'Spiegel‘ zitierte Anzeige bei den Frankfurter Ermittlern soll auch Vorwürfe enthalten, wonach Hoechst durch geschönte Aufstellungen, Kontaktpflege zu einem Hermes -Mitarbeiter sowie durch Druck auf das Bundeswirtschaftsministerium günstige Prämiensätze erwirkt und dadurch etliche Millionen gespart habe.

Als Beleg für die engen Beziehungen zwischen Hoechst und Hermes liege der Staatsanwaltschaft ein Schreiben des Konzerns vor, in dem der Tochter eines Hermes-Mitarbeiters die Buchung eines Hin- und Rückfluges nach Südafrika bestätigt wird. Wörtlich habe es in dem Schreiben der Hoechst AG geheißen, die Tickets dafür „werden wir ihnen rechtzeitig zukommen lassen“.

Die anonyme Anzeige war nach den Worten von Justizsprecher Harth vor 14 Tagen auf den Postweg gegeben worden. Sie sei in einem mittlerweile bei der Staatsanwaltschaft eingegangenen zweiten Brief noch erweitert worden. Der Sprecher erklärte, nach einer ersten Prüfung seien die geschilderten Vorwürfe „in sich schlüssig“ und nicht von vornherein „von der Hand zu weisen“. Harth konnte nicht sagen, ob bereits ein formelles Ermittlungsverfahren eingeleitet wurde.

Der Sprecher der Hoechst AG, Dominik von Winterfeldt, erklärte am Sonntag, für ihn stehe „außer Zweifel“, daß die Vorwürfe gegen den Konzern keinerlei Berechtigung hätten. Es sei aber selbstverständliches Anliegen des Unternehmens, die Dinge so schnell wie möglich im einzelnen darzustellen. Eine genauere Abklärung sei aber erst nach dem Wochenende möglich, fügte Winterfeldt im Gespräch mit der Nachrichtenagentur 'ap‘ hinzu.

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