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Geheimgehaltene Akten freigegeben

Mordfall Schmücker: Berliner Justiz gewährt Einsicht in bisher verschlossene staatsanwaltliche Unterlagen / Bald vierte Verhandlung / Parlamentarischer Untersuchungsausschuß eingesetzt  ■  Von Till Meyer

Berlin (taz) - Die Justizbehörden in Berlin haben jetzt einen Teil der seit 1976 geheimgehaltenen Akten zum Mordfall Schmücker freigegeben und dem Landgericht zugeleitet. „Ein Geheimhaltungsinteresse zum Wohle des Landes Berlin ist nach Auffassung der Innenbehörde nicht ersichtlich“, erklärte dazu Justizsprecher Christoffel. Mit der Freigabe der Handakten der Staatsanwälte kommt erneut Bewegung in das bislang längste Strafverfahren in der bundesdeutschen Kriminalgeschichte. Der Student Ulrich Schmücker wurde in der Nacht vom 5. auf den 6. Juni 1974 erschossen im Grunewald aufgefunden. In einer „Kommandoerklärung“ bekannte sich wenige Tage später eine Gruppe „Schwarzer Juni“ zum Mord an dem 24jährigen. Die Gruppe warf Schmücker vor, seine ehemaligen Genossen aus dem Umfeld der „Bewegung 2. Juni“ verraten und als Agent für den Verfassungsschutz gearbeitet zu haben. Vier Monate nach seinem Tod wurden sechs Personen einer Wolfsburger Kommune um die heutige Hauptangeklagte Ilse Schwipper festgenommen. Im ersten Verfahren wurden alle sechs Angeklagten für schuldig befunden und zu Haftstrafen zwischen vier Jahren und lebenslänglich verurteilt. Schon während des ersten Prozesses wurde deutlich, daß die Staatsanwaltschaft nicht alle ihre Erkenntnisse auf den Tisch gelegt hatte. Der Bundesgerichtshof gab der Revision der Anwälte statt und ließ erneut verhandeln. Auch das zweite und dritte Urteil kippte der BGH mit der Begründung, daß die Berliner Behörden der Verteidigung wichtige Informationen über den Hintergrund der Mordnacht vorenthielten. Kurz vor Ende des dritten Durchgangs wurde 1986 dann öffentlich bekannt, daß der Verfassungsschutz heftig in die Affäre Schmücker verwickelt war. So hatte der VS die Wolfsburger Kommune mit mehreren V-Leuten nahezu völlig unterwandert. Nur eine Stunde nach dem Mord hatte der V-Mann Volker Weingraber die Mordwaffe übernommen und sie sogleich an den V-Mann-Führer Grünhagen übergeben. Justiz und Innenbehörde bestritten dies allerdings jahrelang. Erst nach der Regierungsübernahme durch den rot-grünen Senat packte der neue Innensenator Pätzold (SPD) die mutmaßliche Tatwaffe, eine 08, auf den Tisch. Sie hatte jahrelang im Panzerschrank des Verfassungsschutzes gelegen. „Weil damals ein Anfangsverdacht vorgelegen habe, daß dieser Rechtsanwalt Kontakte zu Terroristen hat, wurde nicht nur der V-Mann Christian Hain in der Kanzlei plaziert, sondern auch das Telefon des Anwalts jahrelang abgehört“, heißt es heute in der Innenverwaltung. Im Winter wird das Schmückerverfahren zum vierten Mal verhandelt. Zugleich wird sich auch ein parlamentarischer Untersuchungsausschuß mit den Machenschaften des Staates in dieser Affäre beschäftigen.

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