: Jugendverbände ausgebootet
■ Mogelpäckchen Landesjugendplan von der Deputation durchgedrückt
Die VertreterInnen der Bremer Jugendverbände machten gestern lange Gesichter. Die endgültige Verabschiedung des Landesjugendplanes durch die Deputation am vergangenen Freitag macht ihre fast zweijährige Arbeit praktisch zunichte.
Aus Ärger über einen ersten Entwurf hatten sich die betroffenen Verbände im letzten Jahr zusammengesetzt und ein eigenes Konzept erarbeitet. Darin forderten sie aktives Mitbestimmungsrecht im Jugendwohlfahrtsausschuß (JWA), durch das sie bei der Geldverteilung und durch inhaltliche Konzepte Einfluß nehmen wollen. Der politische und finanzielle Rahmen jugendpolitischer Arbeit sollte für mindestens vier Jahre abgesichert werden. Knapp eine Million Mark sollte der Senat dafür verbindlich locker machen.
Das Gesamtkonzept der Jugendverbände wurde der Deputation auf einem öffentlichen Hearing am 29.6. 89 vorgelegt. Dort versprachen die Bürgerschaftsvertreter, die Vorschläge zu prüfen und in das Senats-Papier einzuarbeiten. „Ganz toll“ lobte damals Senator Scherf die Fleißarbeit der Verbände, und bei diesen Worten ist es auch geblieben. „Bis auf die Tatsache, daß der rein rechtliche Aspekt der Mitbestimmung aus dem Jugendplan ausgegliedert wurde, ist nicht eine unserer Forderungen übernommen worden“, beklagte Axel Hillmann vom Stadtjugendring. Deshalb gilt bei den Jugendverbänden der jetzt verabschiedete Entwurf auch nur als „Vorlauf und Einstieg in eine notwendige Diskussion“, von der sie erwarten, daß „für die Zukunft ein Jugendplan erstellt wird, in dem die Forderungen der Jugendverbände Eingang finden.“
Solche frommen Hoffnungen zu hegen, heißt aber zu diesem Zeitpunkt aus Scheiße Gold machen. Im Klartext sind die Jugendverbände nach Ansicht ihrer Vertreter „schlicht abgeledert“ worden. Der Plan, den die Deputation jetzt durchgedrückt hat, soll bis 1991 gelten. Ob die Jugendverbände dann noch einmal zum Zug kommen, ist indes mehr als fraglich. Bis dahin soll nämlich eine Gesetzesinitiative der Fraktionen klären, ob die geforderte Mitbestimmung der Verbände im JWA juristisch überhaupt möglich ist: Denn anders als in anderen Bundesländern hat dieses Gremium in Bremen nur beratende Funktion. „Dazu gehört aber nicht nur ein juristischer Rahmen, sondern auch ein politisches Wollen, und das hat in der Deputation niemand“, beurteilt Hillmann die künftigen Chancen.
Erhard Heintze vom Senat für Jugend und Soziales versteht die Verbitterung der Verbandssprecher nicht. „Die haben dem 3. Änderungsentwurf doch sogar zugestimmt“ erklärt er gegenüber der taz und betont, daß die offizielle Stellungnahme der Verbände von „vollkommen unzureichend“ in „unzureichend“ umgeändert worden ist. Jens Oppermann vom Landesjugendring hält dagegen:„Wenn wir nicht zugestimmt hätten, wäre das Band zwischen der Behörde und uns zerrissen. Jetzt fangen wir mit der Diskussion praktisch da an, wo wir vor zwei Jahren schon einmal angesetzt haben.“
Die Bremer Jugendförderung wird sich bis zum Ende der Legislaturperiode 1991 konzeptlos über die Zeit schleppen. „Und was danach kommt, kann für uns nur eine weitere Verschlechterung bedeuten“, vermuten die Jugendverbände.
mad
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