Töpfer will „Kohle“ für Kohlendioxid

■ Umweltminister lehnt generelle Energiesteuer und Tempolimit ab / Autofahrer und Autoindustrie werden hofiert

Berlin (ap/taz) - Bundesumweltminister Klaus Töpfer hat sich anläßlich der Vorstellung des Jahresberichts des Umweltbundesamtes erneut gegen eine generelle Erhöhung der Energiesteuern ausgesprochen. Statt dessen plädierte er für eine gezielte Lenkungsabgabe auf Kohlendioxid-Ausstoß. Zur Durchsetzung einer allgemeinen Kohlendioxidabgabe, von der sich Töpfer eine Senkung der Emissionen um ein Fünftel bis ein Viertel verspricht, sei allerdings noch eine „Sisyphosarbeit“ zu leisten.

Kohlendioxid (CO-2) trägt mit etwa 50 Prozent zum sogenannten Treibhauseffekt bei, der zur allmählichen Erwärmung der Erdatmosphäre führt. In der Bundesrepublik wurden, so Töpfer, 1988 insgesamt 798 Millionen Tonnen CO-2 ausgestoßen, knapp die Hälfte davon bei der Verbrennung von Mineralöl, das Gros davon durch Autos. Nach Berechnungen des Umweltbundesamtes könne allein mit einem verbesserten Wärmeschutz an bestehenden Gebäuden Heizenergie im „Gegenwert“ von 100 Millionen Tonnen CO-2 gespart werden, erklärte Töpfer. Für wenig erfolgversprechend unter Umweltgesichtspunkten hält der Minister dagegen nach wie vor Geschwindigkeitsbegrenzungen wie Tempo 100 auf Autobahnen, 80 Kilometer auf Landstraßen und 30 Kilometer in Ortschaften. Auf diese Weise könnten etwa 10 Prozent Kraftstoff eingespart werden, was einer Kohlendioxid -Verringerung von nur 8,1 Millionen Tonnen entspräche.

Bis zum Jahresende will der Bundesumweltminister seine Vorschläge zur Umgestaltung der Kfz-Steuer vorlegen, die sich dann nicht mehr am Hubraum, sondern am Schadstoffausstoß orientieren soll. Da Töpfer gleichzeitig den Kauf und die Nachrüstung von Katalysatoren mit weiteren 820 Millionen Mark subventionieren will, würden künftig Besitzer von großen Neuwagen mit Katalysator doppelt belohnt. Wer dann einen Daimler mit dem subventionierten Kat fährt, stößt zwar weiterhin Kohlendioxid aus, spart aber wegen der Stickoxid- Kohlenmonoxidreduktion zusätzlich bei der Kfz-Steuer. Der ökologisch orientierte Verkehrsclub VCD kritisierte die Vorschläge Töpfers deshalb kürzlich als „indirektes Sponsoring für die Autoindustrie“ und „Geschenke an die Autofahrer“. Bahn- und Busbenutzer würden dagegen für ihr umweltfreundliches Verhalten weiter mit Fahrpreiserhöhungen und Angebotseinschränkungen traktiert. SPD und Grüne haben zur Energieeinsparung und Schadstoffreduktion in den vergangenen Wochen ein ganzes Maßnahmenbündel vorgeschlagen, darunter Geschwindigkeitsbegrenzungen und eine kräftige Erhöhung der Mineralölsteuer um 50 Pfennig pro Liter. Die Kfz-Steuer soll danach ebenfalls auf den Spritpreis aufgeschlagen werden.

Laut UBA-Jahresbericht wurden im Verlauf des Jahres 1988 insgesamt 900.000 Tonnen Dünnsäure in die Nordsee gekippt. Der Bundesumweltminister wiederholte in diesem Zusammenhang seine Ankündigung, daß die Verklappung der Chemikalie, die bei der Produktion des „Weißmachers“ Titandioxid anfällt, bis zum Jahresende eingestellte werde.

gero