piwik no script img

Österreich in der Zange

Auch deutsche LKW-Unternehmen blockieren jetzt die Übergänge / Die Fronten im LKW-Transitstreit verhärten sich / „Der rollende Rambo“ von Südtirol  ■  Aus München Luitgard Koch

„Wir erklären uns mit den Streikenden am Brenner solidarisch und hoffen gleichzeitig, daß sich auch unser Dilemma löst.“ Für den Südtiroler Transportunternehmer aus dem Vinschgau, Armin Wunderer, ist die Blockade der italienischen LKW -Transportunternehmer ein willkommener Anlaß, auch seinen Unmut über die Verteilung der Transitgenehmigungen loszuwerden. „Wir mußten um jeden Schein nach Bozen oder Rom betteln gehen.“ Inzwischen haben die italienischen Laster ihre fast einwöchige Grenzblockade im Streit um bessere Transitbedingungen auf die österreichisch-deutsche Grenze ausgedehnt. Den italienischen „Frächtern“ geht es hauptsächlich um eine fast freie Durchfahrt durch Österreich. Sie wollen die Österreicher dazu zwingen, das Kontingent für Transitvisa zu erhöhen.

Diese Forderung sorgte zunächst nicht wie bei früheren Blockaden für eine großangelegte Solidarität zwischen den LKW-Fahrern. Da sich der Protest auch gegen das ab 1. Dezember in Österreich eingeführte Nachtfahrverbot richtet, machen jetzt auch die deutschen Fahrer mit. Inzwischen präsentieren die Lastwagenfahrer an der deutsch -österreichischen Grenze einen Forderungskatalog, der von einer „Interessensgemeinschaft Oberschwäbische Fuhrunternehmer“ unterzeichnet ist. Neben dem Nachtfahrverbot wendet sie sich auch gegen Gewichtsbeschränkungen und eine sogenannte Ökoabgabe. Fortsetzung auf Seite 2

Vor allem die großen Speditionen aus Trient oder Bozen heizen die Stimmung an und betätigen sich als Scharfmacher. Am vergangenen Samstag rief der italienische Frächterverband „ANITA“ zu einem totalen Boykott Österreichs und einer gleichzeitigen Sperre Italiens für östereichische LKWs auf. Einer der radikalen Wortführer des italienischen Transportgewerbes ist vor allem der Südtiroler Fuhrunternehmer Eduard Baumgartner. Der 63jährige zählt inzwischen zu einem der größten Spediteure Italiens. „Das Umweltproblem wird nur aufgebauscht, vor allem von den Grünen, die das geschickt organisie

ren“, wetterte Baumgartner. „Kein Mensch kann mir beweisen, daß die Emissionen schädlich sind, warum wachsen denn die Pflanzen am Straßenrand sonst so schön“, so der „rollende Rambo aus Südtirol“, wie ihn eine österreichische Tageszeitung nennt.

Für die kleinen Unternehmer hingegen wird die Situation zunehmend schwieriger. Teilweise werden von den großen Transportunternehmen sogar leere LKWs zur Brenner-Blockade geschickt, erzählt ein 43jähriger LKW-Fahrer hinter vorgehaltener Hand. Den eigentlichen Transport wickeln die „Großen“ dann über Frankreich und die Schweiz ab. Ein weiterer willkommener Effekt: Die kleinen Unternehmen werden aus dem Wettbewerb gedrückt.

Rund 20 Millionen Mark Verlust pro Tag entstehen den Österreichern inzwischen durch diesen Streik.

Trotzdem lehnt der Österreichische Verkehrsminister, Rudolf Streicher, die Forderungen der Blockierer ab. Auch nach einem Gespräch mit seinem italienischen Kollegen, Carlo Bernini, hat sich an seiner Haltung nichts geändert. Die Umweltschützer will er auf keinen Fall „am Hals haben“. Vereinbart wurde jedoch, zur Förderung des Bahntransits noch in diesem Jahr ein formelles Abkommen zu unterzeichnen. Damit hat die Blockade sogar „umweltfreundliche Ergebnisse“ gezeitigt, die auch von den Grünen im bayerischen Landtag begrüßt wurden.

Wegen des Verdachts, daß mit fehlenden Transit -Genehmigungen Schwarzmarktgeschäfte betrieben wurden, hat das italienische Verkehrsministerium eine Untersuchungskommission eingesetzt. Sie soll klären, wie die Transit-Genehmigungen von ihren Behörden verteilt wurden.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen