Bremer Polizei rettet Frau zu Tode

■ Nach einem Brachialeinsatz des SEK: Zwei Tote und viele offene Fragen / Sakuth stellt sich hinter Einsatzleiter

Gestern morgen 6.49 Uhr im Hotel Buthmann in der Löningstraße: Beamte des Sondereinsatzkommandos der Bremer Polizei sprengen mit einer Plastikbombe eine Appartment-Tür in die Luft. Es knallt so, daß eine Frau im Nachbarhaus glaubt, irgendwo müsse eine Bombe explodiert ist. Die sechs SEK-Beamten müssen durch einen Vorflur. Dann links ab in das Wohn-und Schlafzimmer. Vor dem Bett liegen der 30 Jahre alte Christian Klems und die gleichaltrige Bettina Lückermann. Klems hat sich mit dem Revolver in den Mund geschossen und ist bereits tot. Zuvor hat er Bettina Lückermann dreimal in die Brust geschossen. Der Notarzt kann die sterbende Frau nicht mehr retten. (vgl. S.1)

Das ist das blutige Ergebnis eines Rambo-Einsatzes der Polizei, eines Einsatzes, der nach Urteil eines Bremer Innenpolitikers den „tödlichen Ausgang billigend in Kauf“ genommen hat und den der CDU-Innendeputierte Bortscheller, ansonsten Befürworter des „finalen Todesschusses“, als „blindwütigen Rambo-Einsatz“ bezeichnete.

Polizei-Chef Rolf Lüken mochte gestern partout nicht verraten, wer den Befehl für die Ak

tion gegeben hatte, um diesen „Beamten vor Kritik zu schützen“. Aus anderer Quelle aber war zu erfahren, daß Hartmut

Schmöe den Sturm-Befehl gab. Schmöe hat sich vor dem Bremer Untersuchungsausschuß in Sachen Geiselnahme profiliert, als

er den damaligen Einsatzleiter Peter Möller heftig kritisierte, weil der den Führungsstab nicht formal korrekt einberufen hatte. Gestern war der Führungsstab um 5.00 Uhr morgens informiert worden. Den Einsatzbefehl gab Schmöe um 6.09 Uhr bevor der Führungsstab zusammengetreten war. Aus Reihen der Polizei, so war gestern zu erfahren, soll dieses eigenmächtige Vorgehen bereits zu Kritik an Schmöe geführt haben.

Die Bremer Polizei war von den Bielefelder-Kollegen um kurz vor Mitternacht informiert worden, daß sich Klems zusammen mit Bettina Lückermann in Bremen aufhalte. Klems hatte am Freitag im westfälischen Espelkamp seine ehemalige Verlobte erschossen, einen Gaststättenwirt schwer verletzt und war dann „unter Mitnahme der Bettina Lückermann“ (Pol.Bericht) über Sulingen nach Bremen geflohen. Ob der „Mitnahme“ eine Gewaltanwendung vorausging oder die Frau freiwillig mitkam, ist nicht bekannt. Sicher aber ist nach Augenzeugenberichten, daß Bettina Lückermann sich in dem Hotel frei bewegen konnte. Zum Zeitpunkt der Entscheidung, das Appartment doch zu stürmen, sei

man aber noch von einer Geiselnahme ausgegangen, behauptete Polizeipräsident Lüken gestern auf einer Pressekonferenz.

Eigentlich, so wurde behauptet, hatte die Polizei geplant, Klems beim Verlassen des Appartements zu überwältigen. Diesen Einsatzplan änderte Schmöe dann, weil die Beamten vor Ort sich wahrscheinlich zu auffällig benommen hatten. Aus einem abgehörten Telefonat zwischen Bettina Lückermann und deren Schwester erfuhr die Polizei, daß „der Täter offensichtlich davon ausging, die Polizei befinde sich vor dem Hotel“ (Pol.Bericht). Schmöe sah daraufhin „erhebliche Gefahren für die Begleiterin“ und befahl den sogenannten „Notzugriff“.

Wann die tödlichen Schüsse auf Lückermann fielen, mochte die Polizei gestern nicht verraten. Angeblich habe man nach dem Stürmen der Wohnung nur den letzten Schuß gehört. Polizeiintern wurde diese Darstellung als falsch bezeichnet. Die Schüsse seien nach der Explosion der Bombe gefallen.

Am abend stellte sich Innensenator Sakuth in buten&binnen vor Einsatzleiter Schmöe.

Holger Bruns-Kösters