: Ungetarnte Nullinformation
■ Betr.: "Jesuslatschen und lange Haare", taz vom 16.9.89
betr.: „Jesuslatschen und lange Haare“, taz vom 16.9.89
Aha, dachte ich erfreut, als ich in der taz den Artikel über San Francisco erblickte: endlich mal wieder was über meine favorite city, mal sehen, was es Neues gibt. Und fing an zu lesen. Und mußte erst stutzend, dann kopfschüttelnd und zum Schluß wütend feststellen, daß es sich bei diesem Geschreibsel um - immerhin völlig ungetarnte Nullinformation handelt, das heißt um eine Aneinanderreihung von Sightseeing-Plattheiten, die unverändert vor zehn Jahren oder auch in zehn Jahren hätten abgedruckt sein können, weil nichts darin auf speziell heutige Zustände oder Aktivitäten dieser Stadt verweist, oder wenigstens verraten wird, was den Autor denn nun an den aufgeführten ewiggleichen Oberflächlichkeiten so interessiert, daß er meint, sie den taz-LeserInnen so schülerhaft-banal aufaddieren zu müssen. Klar ist jedenfalls: Zu berichten ist nichts. (...)
Was treibt die taz-Redaktion dazu, aus diesem Null-Erguß zusammen mit einem abgestaubten Foto, Tourismus-Anzeigen und ein paar Reisehinweisen eine ganze Zeitungsseite zu machen? (Oder nennt Ihr das „gestalten“?)
Es bleiben ungefähr folgende unangenehme Eindrücke: 1. Ralf von der Heide ist als Tourist absolut blauäugig und als Journalist unzumutbar banal (die Selbstkritik hätte hier wirklich mal viel für sich), 2. die zuständigen taz -Redakteure leiden entweder unter inhaltlichem Haarausfall auf den Zähnen oder unter absoluter Manuskriptebbe (was keine Entschuldigung ist), 3. die taz ist sich zum wiederholten Male nicht zu blöd, sich in ihrer Schreiberei auf die Herstellung eines Hauptsache irgendwie gearteten Anzeigenumfeldes zu beschränken. Was zu kritisieren ist und meiner Meinung nach in Zukunft unterbleiben sollte.
Macht doch mal eine Leerseite! (...)
Rainer Deeken, Berlin 36
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