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Ein kleines „Was ist was?“ des Schuldenabbau-Planes ■ Mit dem BRADY-PLAN auf Du und Du
Ein zentraler Diskussionspunkt auf der diesjährigen Jahrestagung von Internationalem Währungsfonds (IWF) und Weltbank wird der Vorschlag des US-Finanzministers Nicholas Brady sein, mit Unterstützung beider Institutionen die Bankschulden der Drittwelt-Länder ein wenig abzubauen. Die Grundzüge des „Brady-Planes“ im einzelnen:
-die Banken sollen freiwillig auf einen Teil ihrer Forderungen an Schuldnerländer verzichten oder Zinsreduzierungen akzeptieren;
-Neukredite sollen nach wie vor von IWF, Weltbank und multilateralen Finanzierungsinstituten, staatlichen Stellen und Geschäftsbanken gewährt werden;
-die Bedingungen, unter denen die Kredite vergeben werden („Konditionalität“), sollen ausgeweitet werden, zur Förderung ausländischer Direktinvestitionen und zur Eindämmung von Kapitalflucht bzw. Rückführung dieser Gelder.
Inzwischen vereinbarten Mexiko und eine Verhandlungskommission seiner Gläubigerbanken ein erstes Rahmenabkommen, das bis Ende September konkreter ausgearbeitet werden sollte. Das Abkommen bietet jeder einzelnen der insgesamt rund 500 Banken drei Alternativen („Optionen“):
-Man erläßt Mexiko 35 Prozent der Forderungen. Entweder dadurch, daß dem Land die Forderungen zum Discountpreis zurückverkauft werden, auch mit Finanzhilfen des IWF und der Weltbank (bereits heute handeln die Banken untereinander die Drittweltkredite mit teils gehörigen Preisabschlägen). Oder die Schuldscheine werden umgewandelt in solche mit entsprechend geringerem Wert zum Marktzinssatz, dessen Bedienung durch US-Wertpapiere abgesichert (verbürgt) werden.
-Man beläßt es beim heutigen Schuldenstand, senkt die Zinsen aber um rund vier Prozentpunkte gegenüber dem heutigen Satz auf 6,25 Prozent.
-Man bleibt auf der alt(nicht)bewährten Schiene: Neue Kredite.
Da es sich bei untenstehendem Text um einen wissenschaftlichen Beitrag handelt, seien hier einige Anmerkungen erlaubt. Sekundärmarktbezogene Schuldenreduzierung bedeutet grob vereinfacht: Die Schuldnerländer dürfen demnächst selbst am „Secondhand -Markt“ für „faule Schulden“ teilnehmen, was ihnen bisher aus bankenrechtlichen Gründen untersagt wurde. Hinter dem Ruf nach Harmonisierung der Bilanzierungsregeln und Vereinheitlichung der steuerlichen Abschreibungsmöglichkeiten für uneinbringliche Entwicklungsländerforderungen, steht die Klage darüber, daß die Banken in den USA und Japan im Gegensatz etwa zu den bundesdeutschen nicht in der Lage sind, entsprechend ihrer „Wertberichtigungen“ (treffender: Abwertungen) auf faule Forderungen in Bankbilanzen ihre Steuerschuld zu verringern. Das Problem desbailing-out der Banken benennt die Flucht der Banken aus der weiteren Mitverantwortung für die Schuldenmisere. Die öffentlichen Geber behalten dagegen ihre Risiken bzw. übernehmen zunehmend diejenigen der Banken. Das zusätzliche biling-out der USA leitet der Autor daraus ab, daß der Anteil der Forderungen der US-Banken weltweit viel größer ist als die Quote der USA am IWF, die ihrerseits maßgeblich ist für die öffentliche Übernahme der Risiken durch die US-Regierung. In diesem Zusammenhang ist auch die Forderung nach burden-sharing aller Gläubiger und Schuldner zu verstehen: Die gerechte Verteilung der Lasten. Und wenn das Institut von Proliferation unbefristeter Moratorien spricht, so meint es damit das Umsichgreifen einer unorganisierten Bezahlt-wird-nicht-Mentalität unter den Schuldnerländern.
ulk
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