: Heimkehr der Vietnamesen in letzten Zügen
■ Erste vietnamesischen Truppenkontingente verließen ohne UN-Beobachter Kambodscha / Premier Hun Sen setzt auf militärische Stärke und hofft auf Unterstützung Thailands gegen die Roten Khmer / In Vietnam läuft anti-westliche Kampagne auf Hochtouren
Phnom Penh/Berlin (taz/ap) - Festlich verabschiedet wurden gestern mehrere tausend vietnamesische Soldaten, die aus der nordwestkambodschanischen Provinz Siem Reap auf Lastwagen in Richtung Grenze davonfuhren. Vietnam hat damit die letzte Phase des Abzugs seinerInterventionstruppen aus dem Nachbarland Kambodscha eingeleitet. Innerhalb der nächsten sechs Tage soll das letzte verbliebene Truppenkontingent aus Siem Reap und anderen Provinzen abgezogen werden.
Nachdem auf der Pariser Konferenz keine Einigung über eine internationale Überwachung des Abzugs erzielt werden konnte, waren in Siem Reap am Donnerstag, von der Presse einmal abgesehen, nur ausländische Beobachter aus der Sowjetunion, Laos und Kuba zugegen. Von seiten der kambodschanischen Widerstandsbewegung wurde wie schon so oft der Verdacht geäußert, daß der Totalabzug der vietnamesischen Truppen nur vorgetäuscht sein könnte. Vietnam hatte mit seiner Invasion Ende Dezember 1978 den Sturz des Schreckenregimes der Roten Khmer herbeigeführt, die noch immer die militärisch stärkste Widerstandsfraktion gegen die provietnamesische Hun Sen -Regierung in Phnom Penh bilden.
Auf der Pariser kambodscha-Konferenz wurde versäumt, die internatiionale Isolation der Roten Khmer festzuschreiben. Weder hat sich der von China und dem Westen getragene Prinz Sihanouk eindeutig von den Roten Khmer distanziert, noch wurde eine zukünftige Regierungsbeteiligung der Roten Khmer ausgeschlossen. Für Vietnam ist es andererseits nicht einfacher geworden, die internationale Isolation aufzubrechen. Denn mit der Abzugsgeste zählt Hanoi nicht zuletzt auf die dringend benötigten Auslandsinvestitionen. Um so überraschender, daß Hanoi just vor dem Abzug zu einer Antiliberalisierungskampagne geblasen hat.
Der vietnamesische Parteichef Linh will sich von den US -sowjetischen Annäherungsversuchen nicht täuschen lassen: „Wir werden die Illusion einer friedlichen Koexistenz mit den imperialistischen Kräften nicht nähren“, versicherte der Parteichef mit dem Hinweis auf die Waffenlieferungen der USA an den kambodschanischen Widerstand und die Pläne, neue US -Basen in Singapur einzurichten. Und auf die jüngsten Entwicklungen in Polen reagierte Hanoi anders als die UdSSR mit harscher Kritik an den „konterrevolutionären Kräften“.
Auf die politischen und sozialen Reformen in Vietnam und Kambodscha hatten auch die ASEAN-Staaten gesetzt. Bestrebt, das indochinesische Schlachtfeld in einen Markt zu verwandeln, hatte sich allen voran der thailändische Premier Chatichai im Verlauf des vergangenen Jahres um ein gutes Verhältnis zu seinem kambodschanischen Amtskollegen bemüht, das die beiden offenbar trotz gescheiterter Pariser Konferenz nicht wieder begraben wollen. Vor der Presse in Bangkok zeigte sich Hun Sen optimistisch, daß Thailand versuchen werde, die chinesische Militärhilfe an die Roten Khmer und die US-Unterstützung an die nicht-kommunistischen Widerstandsfraktionen zu unterbinden. Auch am gestrigen Donnerstag nannte Hun Sen seine Gespräche mit der Führung Thailands „bedeutungsvoll“ und bekräftigte, daß Kambodschas reguläre Streitkräfte nach dem Abzug der rund 26.000 vietnamesischen Soldaten ihre wahre Stärke demonstrieren würden.
sl
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