: Noch der gleichen Sache solidarisch verpflichtet?
Interview mit Bodo Hombach, Landesgeschäftsführer der SPD in NRW, zu seinem Streit mit Peter von Oertzen um die rot-grünen Gespräche ■ I N T E R V I E W
taz: Herr Hombach, Peter von Oertzen hat ihre Kritik an den rot-grünen Gesprächen als Unsinn bezeichnet...
Bodo Hombach: Auch der Chef der sozialdemokratischen Parteischule, Peter von Oertzen, muß sich gefallen lassen, daß er weniger an seinen guten Absichten, sondern an seinem tatsächlichen Handeln gemessen wird. Diese Handeln ist für uns nordrhein-westfälische Sozialdemokraten, die wir in der Endphase eines schweren Wahlkampfes stehen, der wesentlich gegen rechts geführt wird, äußerst belastend. Zu behaupten, ich hätte von seiner Aktivität am 17. September in Dortmund vorher gewußt, ist eine schlichte Lüge.
Ihre Kritik kann man doch nur als hysterisch bewerten, gerade in Anbetracht der Tatsache, daß Rot-Grün in vielen NRW-Städten gut funktioniert. Da reden Sie von Dolchstoß. Was soll das?
Ich habe das Bild vom Dolchstoß mit der Formulierung gebraucht, daß niemand den Eindruck erwecken dürfe, so etwas sei beabsichtigt. Wenn sich das jemand zu eigen macht, ist das sein Problem. Die recht erfolgreiche Zusammenarbeit mit Grünen auf kommunaler Ebene, auch in NRW, habe ich ausdrücklich bestätigt. Die Tatsache, daß sich die NRW-SPD bei Landes- und Bundesthemen keine Koalition mit den Grünen aufschwatzen lassen will und braucht, ist seit langem bekannt. Wir in NRW brauchen keinen Nachhilfeunterricht in Sachen Ökologie.
Von Oertzen und andere reden mit den Grünen nicht über NRW -Politik sondern über Bundespolitik. Die SPD kann doch das Denken und Reden über einen Wechsel in Bonn nicht aufgeben, nur weil in NRW eine Wahl vor der Tür steht.
Ich mag nicht an einen Zufall glauben, daß grüne Fundamentalisten aus dem ganzen Bundesgebiet und Sozialdemokraten aus anderen Landesteilen 14 Tage vor einer Wahl erstmals in einer Ruhrgebietsstadt tagen und dann mit naivem Augenaufschlag von uns erwarten, daß wir ihnen glauben, dies habe keinen Bezug zu den nordrhein -westfälischen Ereignissen.
Sie haben auch die rot-grünen Sommergespräche kritisiert.
Bei diesen Schloßgesprächen mußten wir zu Recht die Befürchtung haben, daß sich die Sozialdemokraten, anstatt die konkreten Alternativen zur Kohl-Regierung aufzuzeigen, in taktische Koalitionsgeplänkel ziehen lassen würden und das Fell des Bären verteilen, bevor er erlegt ist. Die Entwicklung des Sommertheaters, das der nur der Union genutzt hat, hat unsere Befürchtungen bestätigt. Im übrigen habe ich nie zuvor so bissige Kritik, bis ins persönlich Verunglimpfende reichende Attacken auf Sozialdemokraten erlebt, wie in den letzten Wochen im Wahlkampf von seiten der Grünen. Auch die Reaktion auf mein Interview belegt, daß die Grünen in der Sozialdemokratie noch immer den Hauptfeind sehen...
Ihre Ausführungen zeigen, wie groß Ihr Gesprächsbedarf mit Grünen ist.
Ich habe in erster Linie mit Peter von Oertzen einen Gesprächsbedarf. Denn am selben Tag, an dem er bei Ihnen seine Kritik an mich zu Protokoll gab, hat er Oskar Lafontaine noch wüster beschimpft und erklärt, er mache sich Sorgen, daß in der Sowjetunion der Sozialismus abhanden komme und nun die Marktwirtschaft Einzug halten könnte. Für mich ist inzwischen spannend, im Gespräch mit von Oertzen herauszufinden, ob es noch hinreichende Grundlagen gibt, um sich der gleichen Sache solidarisch verpflichtet zu fühlen.
Interview: Walter Jakobs
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen