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Stammtisch ohne Stammtisch

■ Gönner und Genießer unter sich im Superzug ins Blaue

Stammtische haben immer etwas Profanes: Meist treffen sich da nur Männer unter Ausschluß (zumindest weiblicher) Öffentlichkeit. An großen runden Tischen, rund um den überdimensionalen Aschenbecher mit Messing-Ständer und Hinweisschild, unter Hirschgeweih und Tabaksdunst. Was dabei raus kommt, weiß man eh schon vorher: Biertisch-Parolen, Möchtegern-Politik, Männer-Geschwätz, schlimmstenfalls mit sexistischen Zoten. Eine Einladung zum Stammtisch? - Igitt, nein danke.

Ganz anders ist es da schon in Bremen: Da wird eine Einladung zum „Bremer Stammtisch“ schon wie eine besondere Auszeichnung gehandelt. Gerne zahlt man(n) auch zweifuffzig Nachporto, wenn die soooo wunderschöne, profi-kreative und leider Postnorm-abweichende Einladung in den Briefkasten flattert. Da sagt selbst Thommy zu und wirft seine Männergruppen-gründenden-linken Skrupel über Bord kommt zum erlauchten Stammtisch-Treffen. Man(n) könnte ja jemanden treffen im Kreise der dezidierten Imageförderer des kleinsten Bundeslandes.

Eine Fahrt ins Blaue hatte der allseits aktive Rundum-Quirl Rolf D. Voss seinen Gästen versprochen. Ausgangspunkt war HBF Gleis 8, wo neugierige Fotografen schußbereit hinter ihren Stativen aufgebaut standen. Die zumeist hanseatisch managermäßig blau-betuchten Männer durften den futuristischen Modell-Superzug nicht nur bestaunen (wie das Bremer Fußvolk am Geburtsstagsfest) sondern auch besteigen: Und huiii ging's mit manchmal 200 Sachen in sage-und -schreibe 40 Minuten nach Hamburg-Harburg. Ein bißchen erhebender weil illustrer und exklusiver noch als im TGV Paris-Lyon: Denn 400 Stundenkilometer hat er schon mal geschafft, der DB-Superhit. Früheren Lok-Führerträumen nachsinnend bestaunten die rund 100 hochkarätigen Stammtisch -Gäste, u.a. und redenschwingend Senator Kunick und DB-Chef Hemjö Klein, die digitalen Anzeigen, aufwendig durchgestylten Coupes und vor allem das (frei-)Bier in Schnappverschlußflaschen aus Lüneburg. Ein chefetagenkonform -verkleideter Linker griff erfreut zum vermeintlichen Werner -Bier. Überrascht ob der Bemerkung: „Flens? - das ist doch ein REP-Förderer“ hatte auch er dann eine informelle Neuigkeit mit nach Hause zu nehmen. Wie auch den etwas komischen Eindruck, den die noblen Herren uniform hinter Kapuziner-Tüchern versteckt machten, als sie im Brauhaus in Lüneburg zum rustikalen (Fest)essen gegen Kleckern und Klotzen eingekleidet wurden. Klatschkolummnisten loben an dieser Stelle die Sponsoren.

Rosi Roland

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