: „Erhebliche Informationen fehlen“
Umweltstaatssekretär Dr. Klaus-Martin Groth zum Streit um den Stromverbund ■ I N T E R V I E W
taz: Welche rechtlichen und sonstigen Folgen hätte die von der AL-Basis geforderte Ablehnung des Vertrages über den Stromverbund durch den Senat?
Groth: Unter zugrundelegung des vorliegenden Rechtsgutachtens würde sich die Bewag im verwaltungsgerichtlichen Verfahren eine entsprechende Freigabe der Trasse erzwingen können. Die Bewag müßte nach den Verträgen in dem Augenblick, wenn sie ab 1992 keinen Strom abnimmt, eine Ersatzzahlung in zweistelliger Millionenhöhe leisten. Durch den Verwaltungsgerichtsprozeß würde sich also die Angelegenheit verzögern, die Bewag würde am Ende doch die Trasse bekommen und für die Zwischenzeit vielleicht zwei, drei Jahre - müßte sie die entsprechenden Ersatzzahlungen leisten. Die würde die Bewag dann natürlich wieder dem Senat als Schadensersatz in Rechnung stellen.
Da laut dem Gutachten die Energiewirtschaftsbehörde nur verpflichtet ist, eine der Trassenvarianten „durchzulassen“, könnte der Senat doch lediglich eine 110-kV-Leitung genehmigen?
Wenn sie technisch überhaupt machbar ist, dann ja; und wenn sie energiewirtschaftlich und umweltmäßig nicht ungünstiger ist - darüber gibt es noch Streit mit der Bewag. Wir haben versucht, diese Fragen zu klären. Das Problem ist, daß uns erhebliche Informationen fehlen, die uns die Bewag bisher noch nicht geliefert hat.
Wann sind diese Informationen zu erwarten?
Nun, die Bewag geht bisher davon aus, daß sie die gar nicht liefern braucht, weil sie einen Anspruch auf eine 380-kV -Trasse hat. Wir sind in einer ähnlichen Situation wie zu dem Zeitpunkt, als die Bewag sich weigerte, überhaupt Einzelheiten des Stromlieferungsvertrages offenzulegen.
Kann man die Bewag zur Informationsherausgabe zwingen?
Das kann man im Prinzip nicht. Wenn man der Meinung ist, daß ohne dieses Informationen die beantragte Trasse nicht genehmigt werden kann und die 110-kV-Trasse im Grundsatz möglich ist, kann man aber den entsprechenden Freigabebescheid verweigern, beziehungsweise den Antrag beanstanden.
Ergibt sich für die Umweltverwaltung überhaupt eine neue Situation durch die AL-Forderung?
Wir sind nicht die zuständige Behörde, die die Freigabe erteilt oder die Beanstandungen vornimmt. Wir prüfen unter dem Gesichtspunkt des naturschutzrechtlichen Eingriffs und der städtebaulichen Verträglichkeit. Diese Prüfung versuchen wir so schnell wie möglich abzuschließen, dazu sind wir verpflichtet. Das Ergebnis werden wir dem Wirtschaftssenator mitteilen. Was er dann damit macht, liegt in seiner Zuständigkeit. Wir haben einfach keine rechtlichen Möglichkeiten, ein politisches Veto durchzusetzen. Das ist Sache der Fraktionen und des Parlaments.
Interview: thok
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen