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Frauendemonstration in Pretoria verhindert

Polizei errichtete Straßensperren, verprügelte Kundgebungsteilnehmerinnen und hetzte Hunde auf sie / Mehr als 150 Personen wurden verhaftet / Eine Versammlung von Neonazis konnte unter Polizeischutz stattfinden / Minister Vlok persönlich am Einsatzort  ■  Aus Pretoria Hans Brandt

Die südafrikanische Polizei hat am Samstag in Pretoria eine Frauendemonstration mit Gewalt verhindert und zugleich Schwarze, die gegen eine rechtsextremistische Kundgebung protestierten, mit Schlagstöcken vertrieben. Die Polizei errichtete seit dem Morgengrauen Straßenblockaden und Stacheldrahtsperren in der ganzen Stadt und riegelte im Umkreis von 150 Metern den Eingang zur anglikanischen St. Alban-Kathedrale ab, von wo aus sich die Demonstration in Bewegung setzen sollte.

Auf etwa 200 Frauen, die sich dennoch versammelten, hetzte die Polizei Hunde. Mehr als 150 Menschen wurden im Laufe des Tages verhaftet. Eine Versammlung der neonazistischen „Burischen Widerstandsbewegung“ (AWB) durfte andererseits stattfinden.

An allen Einfahrten in die Hauptstadt kontrollierten Straßensperren der Polizei Fahrzeuge. Auch an den Ausfahrten der schwarzen Wohngebiete bei Pretoria wurden Busse und Taxis angehalten. Die anglikanische Kathedrale im Zentrum der Stadt, wo der Marsch beginnen sollte, war schon in den frühen Morgenstunden von der Polizei mit Stacheldraht umringt worden. Niemand durfte die Kirche betreten. Der Minister für Recht und Ordnung, Adriaan Vlok, besuchte den Einsatzort seiner Männer höchstpersönlich: „Wir versuchen nur, Chaos und Gewalt in den Straßen Pretorias zu verhindern“, sagte der Minister.

Zu diesem Zwecke jagten den ganzen Tag Kolonnen von Polizeifahrzeugen mit heulenden Sirenen und Blaulicht durch die Stadt. Immer wieder wurden Gruppen von Demonstrantinnen, die sich auf dem Rasen vor dem Regierungsgebäude oder bei dem Büro der Gewerkschaftsföderation Cosatu versammelt hatten, von der Polizei auseinandergetrieben.

Nach einer kurzen Straßenschlacht flüchteten etwa hundert in das Cosatu-Büro im ersten Stock eines Einkaufszentrums. Neben dem (MBB-)Polizeihubschrauber waren mehr als 20 Polizeifahrzeuge auf der Straße vor dem Büro aufgefahren. Mit Hunden und Knüppeln wurde das Büro dann geräumt. Etwa ein Dutzend wurden auf brutale Weise festgenommen und abtransportiert. Zu Schlägereien kam es zwischen AWB -Rassisten und schwarzen Passanten.

Mehrere Schwarze wurden von der AWB daran gehindert, einen öffentlichen Platz zu betreten. Die Polizei verhinderte zwar eine größere Schlacht, doch als die Schwarzen anfingen, aus Protest Freiheitslieder zu singen, wurden sie mit Knüppeln auseinandergetrieben und mehrere verhaftet.

„Ihr habt die Falschen verhaftet“, protestierte ein junger weißer Südafrikaner, der die Schwarzen unterstützt hatte und deshalb von den Neonazis ein blaues Auge und eine blutige Nase bekam. Der angesprochene Polizist zuckte nur mit den Schultern. „Was können wir machen - wir dürfen ja nicht einmal mehr Peitschen benutzen, um sowas zu kontrollieren.“

Die Verhaftungen hätten gezeigt, daß Südafrikas neuer Präsident Frederick De Klerk nicht glaubwürdig sei, meinte eine Sprecherin der Frauenorganisation „Black Sash“. „Er hat zwei Gesichter - eines für die internationale Welt, wenn er von Reformen spricht, und eines für die Weißen, wenn er von Recht und Ordnung spricht“, sagte sie. „Tatsächlich hat die Repression nicht nachgelassen.“

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