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Die Reise

Als taz-Autor A. W. 1986 den Film sah, kam in ihm Wut auf, nicht die kalte, sondern die hilflose, lähmende Wut, die ihn dumm und ersticken macht. Es waren die Bilder der Schah -Demonstration von '67, die solcherart Gefühlswallungen bei ihm hervorriefen. Sie gehörten zu einem Film, den Markus Imhoof 1986 nach dem gleichnamigen Romanfragment, Bestseller und Kultbuch der 68er Szene Die Reise gedreht hatte. Der posthum, 1977, veröffentlichte Roman erzählt die Geschichte des Bertram Voss alias Bernward Vesper, der seinen Sohn Florian alias Felix aus der Gewalt seiner Mutter Dagmar alias Gudrun Ensslin im Handstreich entführt (Szenenfoto: Markus Boysen und Alexander Mehner) und nun - verfolgt von der ehemals eigenen Terrorszene und der Polizei - mit seinem Sohn die Reise nach Hause ins väterliche Gut nach Norddeutschland antritt. Dabei geht es im Buch auch um das komplizierte Verhältnis zum Vater, einem berühmten Dichter des Nationalsozialismus, den er nicht nur gehaßt, sondern gleichzeitig auch vergöttert hat. Vor allem Will Quadflieg gelingt es bis in die Physiognomie hinein, den selbst zerbrochen und gescheiterten Vater darzustellen, während die Darstellung der spezifischen Nervosität der Revolte wenig gelungen ist: Demonstrations-Exotik und verschwiegene WG -Romantik erstarren zu farbigen Klischees. Die Reise, 20.15 Uhr ARD

Foto: Filmverlag der Autoren

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