Sozis Mainhattan

Auch unter Rot-Grün soll Frankfurt Handels- und Bankenplatz Nummer eins in Europa bleiben  ■ K O M M E N T A R E

Frankfurt ist das Experimentierfeld für eine sozialdemokratische Partei, die beabsichtigt, über die Demonstration von Regierungskompetenz die WählerInnen der prosperierenden Mittelschichten an die SPD zu binden. Planungsdezernent Martin Wentz hatte seiner Partei bereits vor Jahresfrist ein Strategiepapier vorgelegt, in dem basierend auf den Erkenntnissen aus der verlorenen Hessenwahl - eine ideologische und auch programmatische Neuorientierung der Partei hin zur Befriedigung der materiellen und geistigen Bedürfnisse des „metropolitären Menschen“ gefordert wurde. Und wo - wenn nicht in der Finanzmetropole Frankfurt - könnte die SPD sonst den Beweis dafür antreten, daß sie den alten „Arbeitermief“ abgeschüttelt hat, der bislang das Eindringen der Partei in diese neuen Wählerschichten verhindert hat. Die alte sozialdemokratische Ruhrgebietsrührseligkeit mit „Kohl und Kappes“ lockt nämlich in den wahlentscheidenden Metropolen der Republik niemanden mehr hinter der Zentralheizung vor.

Trotz aller Nebelwerferei mit den drohenden Regreßforderungen in unbekannter Höhe im Falle der beiden Hochhäuser in der Mainzer Landstraße ist es der SPD nicht gelungen, die Hintergründe des die Grünen brüskierenden Hochhausfetischismus zu verschleiern. Wolkenkratzer sind ein Symbol des Fortschritts in einer Zeit, in der Frankfurt das Prädikat „Mainhattan“ - seit Wallmann - wieder mit Stolz trägt. Und die Wolkenkratzer sind ein Signal an die Investoren aller Herren Länder. Ein Signal dafür, daß Frankfurt auch unter einer SPD-geführten Regierung der Handels- und Bankenplatz Nummer eins in der Bundesrepublik und in Europa bleibt und das prognostizierte rot-grüne Chaos ausbleibt. Nicht umsonst hat die SPD während der Koalitionsverhandlungen mit den Grünen darauf gedrängt, daß die Zusage für den Bau der europäischen Zentralbank in Frankfurt Teil der Koalitionsvereinbarungen werde. Und im Bankenviertel und den angrenzenden Gebieten sind weitere Hochhäuser in der sozialdemokratischen Planung.

Wo bei dieser Zukunftsprognose die Grünen mit ihren Inhalten bleiben werden, fragt sich zunehmend auch die Basis der Partei in Frankfurt. Die klare und unvermeidliche Niederlage im Poker um die Hochhäuser der DG-Bank und der Bank für Gemeinwirtschaft läßt Schlimmes befürchten: die Dezernate der Grünen als Reparaturwerkstätten zur Bewältigung der ökologischen und sozialen Folgen der Politik der sozialdemokratischen Dezernenten unter Oberbürgermeister Hauff. Die Partei wird sich demnächst einmischen müssen. Bislang hat sie nur gejammert - und ihren Mandats- und Amtsträgern danach das Plazet erteilt.

Klaus-Peter Klingelschmitt