piwik no script img

Soko Wohnungskriminalität!

Über die Ware Wohnraum und dreckige Geschäfte  ■ G A S T K O M M E N T A R

Da wird nun einem der Prozeß gemacht, der über 2.000 Wohnungssuchende betrogen haben soll. Prima, daß unsere Justiz nun für Recht und Ordnung sorgt im Wohnungsmarkt -Dschungel... Denkste: dies ist das erste Mal, daß die Hintermänner eines sogenannten „Wohnungsvermittlungsvereins“ vor Gericht gestellt werden - obwohl diese Variante des Geschäfts mit der Wohnungsnot schon seit den siebziger Jahren ihre Blüten treibt. Dreieinhalb Jahre aber brauchten Kripo und Justiz für ihre Ermittlungen, und wenn die Berliner MieterGemeinschaft und andere nicht ständig mit und nachgeholfen hätten - sie wären längst steckengeblieben. Wenn immer wieder Wohnungsvermittlungsläden untertauchen, so ist das beileibe nicht den Aktivitäten von Gewerbeaufsicht und Wirtschaftsämtern, Kripo und Staatsanwaltschaft zu verdanken - die müssen zur Jagd getragen werden. Bei einem dieser Pseudovereine, der sich „Anwohnerhilfe“ nannte, haben die Betrogenen 1987 schließlich selbst die Schließung erzwungen: mit Stinkbomben und Randale im Büro der feinen Herren - doch vor Gericht gestellt wurden diese bis heute nicht!

Die heißbegehrte Ware Wohnraum animiert immer mehr Leute dazu, dem schmutzigen Geschäft der Großen nachzueifern: Da wird ein Verlag aufgezogen, bei dem man für ein Schweinegeld eine Zeitschrift abonnieren kann, die ganz tolle Wohnungsangebote enthält...; da werden ganz frech per Zeitungsanzeige 5.000Mark Provision verlangt für die Vermittlung einer Sozialwohnung, und die Hausverwaltung wäscht ihre Hände in Unschuld... Solche schäbigen Geschäfte sind keine Ausnahmen. Sie drohen zur Massenerscheinung zu werden. Momper hat in seiner Regierungserklärung am 13.April verkündet, der neue Senat werde „mit allen juristischen und administrativen Mitteln verhindern, daß mit der Wohnungsnot unlautere Geschäfte gemacht werden“. Bis heute ist das eine Sprechblase geblieben. Wie wäre es mit einer Sonderkommission „Wohnungskriminalität“ bei der Kripo?

Gerhard Heß, Mitarbeiter der Berliner MieterGemeinschaft

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen