: Wer bekommt den Rettungsbonus?
■ Momper trifft sich wegen Streits um geplante Umweltakademie mit Kanzleramtsminister Seiters / Diepgen spielt sich als Retter in der Not auf: Er will Riesenhuber besänftigen und schrieb einen Bittbrief an Kohl / Umweltverwaltung hält am geplanten Konzept fest
Die Umweltverwaltung will in Sachen Forschungsstopp nicht nachgeben: Sie machte gestern deutlich, sie werde an dem Konzept der bedrohten Umweltakademie unbeirrt festhalten. Die taz hatte gestern berichtet, daß im Bonner Umweltministerium bereits im August die Unterstützung für dieses Projekt aus politischen Gründen abgelehnt worden war. Für Anfang Dezember ist im Vorfeld der Europäischen Umweltakademie bereits ein internationaler Kongreß geplant, an dem Planungsexperten aus über 80 Staaten teilnehmen; dieser Kongreß werde in jedem Falle stattfinden, so der Sprecher des Umweltsenats, Thomas Rogalla. Gerade Berlin sei als Standort für ein Fortbildungszentrum in Sachen Stadtökologie besonders geeignet. „Die Probleme in Ballungsgebieten nehmen weltweit zu, zum Beispiel bei der Luftreinhaltung“, meinte Rogalla. In der Akademie sollen Planungsexperten aus Ost und West z.B. in den Themenbereichen Natur in der Stadt, Humanökologie, Stadtplanung und Bürgerbeteiligung fortgebildet werden.
Momper will am Donnerstag mit Kanzleramtsminister Seiters über die Spannungen zwischen Berlin und Bonn sprechen. Momper habe sich ursprünglich mit Bundeskanzler Kohl treffen wollen, der aber wegen einer Erkrankung nicht zur Verfügung steht, teilte Senatssprecher Kolhoff mit. In dem Gespräch werde Momper darauf dringen, daß in Bonn keine Forschungsmittel für Berlin blockiert werden.
Am Montag gab die Berliner CDU bekannt, daß auch sie in Sachen Forschungsförderung für Berlin aktiv werden will. Wie der Pressesprecher der Fraktion der taz mitteilte, setzt sich die Union jetzt auch für die Europäische Umweltakademie ein. Die Berliner CDU ist nun gegen jede allgemeine Kürzung der Forschungsmittel für Berlin, auch die Umweltakademie, so die Pressestelle. Die Europäische Umweltakademie sei eine sinnvolle Ergänzung zu der von der EG geplanten Europäischen Umweltagentur, für die auch Berlin als Standort im Gespräch ist.
In einem Brief an Bundeskanzler Kohl, der am Montag veröffentlicht wurde, appellierte Oppositionschef Diepgen, Berlin als Forschungsstandort nicht zu schädigen und „globale Streichungen von seiten des Bundes auszuschließen“. Diepgen will sich am Mittwoch mit Forschungsminister Riesenhuber und Abgeordneten der CDU/CSU-Bundestagsfraktion in Bonn treffen, um den Streit um die Forschungsförderung zu erörtern. Dabei werde man auch notfalls einen Konflikt mit der Bundespartei riskieren, war aus der Pressestelle zu vernehmen. Noch gestern hatte der stellvertretende Fraktionsvorsitzende Landowsky gegenüber der taz keinerlei Entgegenkommen der CDU in puncto Forschungsförderung erkennen lassen. Der Berliner Senat habe sich diese Entwicklung durch seine „wissenschaftsfeindliche Haltung“ selbst zuzuschreiben. Die „Wende“ der Berliner Union kam allerdings kaum überraschend, kann sie sich doch damit auf Kosten des Senats als Retter des Forschungsstandorts Berlin profilieren.
Kordula Dörfler
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