Halleluja am Ring

■ Jubelnde Russen bei der Box-WM der Novitäten in Moskau

Berlin (taz) - Allgemeine Zufriedenheit herrschte trotz eines erklecklichen Defizits von etwa 4,5 Millionen Mark nach den Box-Weltmeisterschaften in Moskau. Das olympische Desaster von Seoul mit seinen Raufereien im und am Ring, mit haarsträubenden Fehlurteilen, Bestechungsskandalen und Chaos allüberall, hatte den Weltboxverband aufgerüttelt und zu einigen einschneidenden Änderungen bewogen: verbesserte Handschuhe und Kopfschützer, die Regel, daß bei verletzungsbedingtem Ausscheiden eines Kämpfers in der dritten Runde des Finales der Punktestand entscheidet und vor allem die lange umstrittene Punktmaschine. Jedesmal, wenn die Punktrichter einen korrekten Treffer erkennen, drücken sie auf einen Knopf und die Maschine registriert den Treffer, wenn drei der fünf Punktrichter ihr Knöpflein betätigt haben. Errechnet die Maschine ein Unentschieden, müssen die Punktrichter entscheiden, wer der technisch bessere Boxer war. In Moskau bewährte sich das Gerät bestens, es gab kein einziges krasses Fehlurteil.

Rund 120.000 Zuschauer sahen insgesamt die Kämpfe in der riesigen Halle des Olimpijskij-Sportkomplexes, sorgten für erheblichen Kuddelmuddel im Saal, drangen freude- und wodkatrunken bis zu den Punktrichtern vor und gerieten an den beiden Schlußtagen völlig aus dem Häuschen, durften sie doch die Wiedergeburt der sowjetischen Boxnation miterleben. Zum erstenmal seit 1968 schnitten die Boxer aus der UdSSR besser als die Kubaner ab, stellten fünf Weltmeister und holten dazu noch zwei Silber- und vier Bronzemedaillen. Deutlichster Beleg für den Umschwung waren die Prügel, die Kubas als unschlagbar geltender Angel Espinoza von Andrej Kurnjawka bezog. Am „süßen Leben“ sei der 23jährige Espinoza, der wegen seiner alkoholischen und amourösen Umtriebe in diesem Jahr einige Monate aus dem Nationalkader geflogen war, gescheitert, so verlautete aus kubanischen Kreisen.

Immerhin holte die Staffel von der kleinen Karibikinsel noch vier Gold-, vier Silber- sowie eine Bronzemedaille und ließ damit die DDR, für die Olympiasieger Henry Maske im Halbschwergewicht erfolgreich war, und die schlappen USA weit hinter sich. Die Bundesrepublik gewann durch Sven Ottke, der am süßen Espinoza gescheitert war, und Bert Teuchert zweimal Bronze, und rätselt weiter, wie wohl der Anschluß zur Weltspitze geschafft werden könnte. Eine Möglichkeit wäre die Freistellung der Spitzenleute von allen Vereinsaufgaben ein Jahr vor Olympischen Spielen. Amateurbox -Präsident Maurath: „Die Trainer und ich würden ein Halleluja ausbringen.

Matti