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Wissenschaft als Geisel gegen Rot-Grün

■ Streit im Bundestag über Berliner Forschungspolitik / Spree-CDU und Riesenhuber korrigieren die Bonner Parteifreunde: Berlinblockade war nie geplant

Mit gegenseitigen Schuldzuweisungen, den Berliner Wissenschaftsstandort aus ideologischen und politischen Motiven zu sabotieren, beharkten sich gestern in einer aktuellen Stunde des Bundestags Opposition und Regierung.

„Riesenhuber, Diepgen und Lenzer einig: Forschung in Berlin wird gefördert“, meldete gestern bereits zuvor die Berliner CDU zum Thema Berlinblockade im Forschungsbereich. Der Landesvorsitzende der Berliner CDU, Diepgen, habe gestern mit Bundesminister Riesenhuber und anschließend mit dem forschungspolitischen Sprecher der CDU/CSU -Bundestagsfraktion Lenzer (CDU) gesprochen. Das Ergebnis ist verblüffend: Die drei waren sich einig, daß auch in Zukunft die Forschung in Berlin vom Bund gefördert werde. Eine Einschränkung habe im übrigen nie zur Debatte gestanden. Einen Forschungsboykott Berlins habe es nicht gegeben und werde es nicht geben.

Hintergrund des Streits ist der Mehrheitsbeschluß des Bonner Forschungsausschusses, neue Projekte vorerst nicht zu fördern, weil rot-grüne Politik angeblich die Freiheit der Wissenschaft bedrohe. In der erregt geführten Debatte wies die Wissenschaftssenatorin Riedmüller (SPD) diesen Vorwurf zurück. Der Vorwurf der Wissenschaftsfeindlichkeit sei „absurd„; allein die Regierungskoalition „schafft Irritationen für Berlin“. Es sei eine Frage „des Verständnisses von demokratischer Legitimität, fair mit den von den Ländern gewählten Regierungen umzugehen“, erklärte Frau Riedmüller.

Bei der Genehmigung des Forschungsreaktors des Hahn-Meitner -Instituts gebe ein keine von der CDU befürchtete „Kalkarisierung“, vielmehr werde eine Genehmigung „zügig“ betrieben. Dabei spreche der „Senat mit einer Stimme“, hatte die Senatorin vorher betont. Zuvor hatte der SPD-Abgeordnete Catenhusen Unionspolitiker beschuldigt, sie wollten die „Wissenschaft als Geisel im Kampf gegen Rot-Grün nehmen“.

Riesenhuber forderte den Senat auf, er möge seine „Grundpositionen“ klären, weil eine Wissenschaftsförderung ohne „feste Rahmenbedingungen“ nicht möglich sei. Der CDU -Abgeordnete Lenzer wies auf die Schließung der Akademie der Wissenschaften, den Stopp der Magnetbahnentwicklung, die angeblich vom Senat geduldete Blockade beim Neubau des Zuse -Instituts durch die Besetzer der Marchstraße und den Streit um den Stromverbund hin.

Nicht zur Sprache kam in der Debatte ein kurz zuvor vom innerdeutschen Ausschuß einstimmig gefaßter Beschluß, in dem die Bundesregierung aufgefordert wird, „im Rahmen ihrer Forschungspolitik Berlin nicht zu benachteiligen“.

Gerd Nowakowski/taz

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