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Papieren wie ein bebildeter Roman

 ■ S T A N D B I L D

(Die Hexe von Köln, So., 8.10., 21.30 Uhr, ZDF) „Ich bin unschuldig!„- wird Katharina Henot verzweifelt ausrufen. Die Anklage gegen sie lautet auf „fleischliche Vermischung mit dem Leibe des Satans und auf Hexerei“. Am Ende des Films werden sie ihre Peiniger auf den Scheiterhaufen bringen man ahnt es, noch bevor er richtig angefangen hat. Das Fernsehspiel Die Hexe von Köln, bezieht seine Spannung nicht aus dem Schluß. Es zeigt, wie und warum die Schlinge um den Hals der klugen und erfolgreichen Henot immer enger gezogen wird. Intrigen und Verrat, Folter und Mord - der geballten Männermacht aus Kirche, Wirtschaft und Politik ist jedes Mittel recht, um seine Herrschaft zu sichern. Der Pfaffe erkennt im Morden den „heiligen Zweck“, die Politiker sind im Kölner Klüngel verfilzt, der geifernde Mediziner erklärt die Willkür zum System und rechtfertigt die Folter als wissenschaftliche Methode. Die Vertreter des Patriarchats ziehen die altbekannten Register, um aufbegehrende Frauen unter ihrer Knute zu halten.

Ein durchdachter Film, unter die Haut aber geht er nicht. Er schwelgt nicht in mystisch-mittelalterlichen Bildern, setzt nicht auf Gefühl und Sinneslust. Die wichtigen Aussagen liegen in den Dialogen, nicht in den Bildern: ein Fernsehspiel für den Kopf, nicht fürs Auge.

Die Ausstattung ist sparsam. Die Räume haben den Flair einer Studiobühne. Die Wände des Jesuiten-Gymnasiums, des Klosters, des Postbüros der Henots: Sie sehen aus, als seien sie aus Pappe. Außenaufnahmen gibt es nicht. Die Illusion, die Handlung spiele im mittelalterlichen Köln, soll dem Nachdenken über aktuelle Bezüge Platz machen.

Der Film ist ein Versuch, Geschichte lebendig werden zu lassen. Die Hexe von Köln gab es tatsächlich. 1627 brachten sie ihre Häscher auf den Scheiterhaufen. Auch die anderen Personen der Handlung berufen sich auf historische Vorbilder. Regisseur Hagen Mueller-Stahl nähert sich ihnen mit Sachlichkeit und Engagement. Sein Fernsehspiel gerät nicht in den Sog, seicht und kitschig zu werden. Zeitweise aber wirkt das Zwei-Stunden-Werk so papieren wie ein lehrreicher, bebilderter Roman.

Cl.

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