piwik no script img

Schwarze Kunst: Setzkasten7Affenstall/Lade/Ladenvater/Büchse/Wöchner/Zeugksite

Außer dem allbekannten und mißbrauchten Setzkasten gibt es im Druckergewerbe noch eine Reihe anderer Kästen. Als Kasten wird der den Korrektoren zur Verfügung stehende Raum bezeichnet, weil die besonders ungestört arbeiten müssen.

Ein Affenstall ist ein mit großen umlaufenden Fenstern versehener Verschlag im Setzersaal, in dem sich der Meister aufhält. Offiziell redet man natürlich nicht vom Affen, der korrekte Ausdruck ist Faktor. In kleinen Druckereien, wo der Meister auch der Besitzer ist, nennt man ihn hinter vorgehaltener Hand auch den Alten.

Ein besonderer Kasten, den es auch in anderen Handwerker zünften gab, war die Lade, eine mehr oder weniger kunstvoll getischlerte, mit schönen Beschlägen oder prächtiger Malerei versehene Truhe. Darin bewahrte man die wichtigsten Dokumente der Innung auf, wie die Statuten oder das Lehrlings-, Gesellen- und Meisterbuch. Jahrhundertelang war es Brauch, alle Dinge vor offener Lade zu verhandeln. Das Öffnen des Deckels signalisierte allen Versammelten den offiziellen Beginn, sein Schließen das Ende der Zusammenkunft.

Die Lade zu verwalten hatte der Ladenvater, ein gewählter Meister, der gemeinsam mit dem Assessor (dem ältesten Gehilfen) über ihren Inhalt Rechnung zu führen hatte.

In der Lade aufbewahrt wurde auch die Büchse, eine üblicherweise mit zwei Schlössern versehene Kassette (je einen Schlüssel hatten ein Gehilfe und der Prin zipal), die zur Unterstützung erkrankter Kollegen eingerichtet worden war. Mancherorts wurde der Geselle, der den Schlüssel aufbewahrte, Wöchner genannt, weil jede Woche ein anderer zuständig war. „Die Büchse ist noch nicht gestillt“ bedeutete, daß der eine oder andere in der Offizin noch einen Geldbetrag zu entrichten hatte. In der Buchdruckerordnung Nürnberg von 1673 heißt es:

„...in einer jeden Buchdruckerey eine Büchse seyn sollte, in welche der Buchdrucker von jeder Preß acht Pfennige und ein hießiger Geselle vier Pfennige wöchentlich, ein fremder Gesell aber so er neu ankommt, vor das erste halbe Jahr, einen Gulden einlegen, den kranken und den nothleidenden Gesellen und welche, nach ihrem Absterben die Mittel zu ihrer Begräbnis nicht hinterlassen, damit zu helfen. Die Gesellen aber, welche sich durch Schwelgen und sonst liederlich Leben selbst in Noth und Armut mutwillig gebracht, sollen diese Einlagen nicht genießen, sondern die, so ohne Verschulden in Armut und Dürfftigkeit geraten.“

Als letzter Kasten schließlich die Zeugkiste, kein Behälter für Putzlumpen, sondern für beschädigte Buchstaben und Satzmaterial. Hat sich genug angesammelt, wird es zur Wiederverwertung eingeschmolzen. „Bleigießen“ gab es also in Druckereien das ganze Jahr über.

war

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen