: Subventioniert vom Vorgesetzten
■ Ex-öffentlich-Angestellter beschäftigt Gerichte seit 6 Jahren / Voll-Landwirt nebenbei
Es war einmal ein vielbeschäftigter Bremer Mann, der hieß Heiner; und der hatte zwei Berufe. 40 Stunden in der Woche war er „Vollerwerbslandwirt“ auf seinem Hof in Bremen -Wasserhorst. Weitere 40 Wochenstunden war er als angestellter „Agraring. grad“ tätig beim bremischen Wirtschaftssenator, zuständig dafür, an bedürftige LandwirtInnen Subventionen zu verteilen. Gewisse Überschneidungen aus seinen beiden Agrar-Tätigkeiten konnten nicht ganz ausbleiben, und so kam es anno 1983 dazu, daß auch er in seiner Eigenschaft als „Vollerwerbslandwirt“ einen Antrag auf staatliche Subventionen stellte - „für die Umgestaltung eines Mastvieh-auf Milchviehbetriebes“. Sein Vorgesetzter genehmigte dem doppelbelasteten Angestellten Heiner S. den Antrag auf 80.000 öffentiche Mark. Doch ein weiterer Beamter stutzte, ihm wollte es partout nicht einleuchten, daß der Heiner S. neben seinem Behördenjob noch 40 Stunden als „Haupterwerbslandwirt“ tätig sein konnte. Im April 1984 nahm die Behörde zum Ärger von Heiner S. den Subventionsbescheid zurück.
Daraufhin strengte Heiner S. als Landwirt eine Klage beim Verwaltungsgericht an. Er wollte beweisen, daß er mit Früh -auf-Stehen und Spät-zu-Bett-Gehen die Doppelbelastung so bewältigt, daß ihm der subventionsträchtige Titel „Haupterwerbslandwirt“ und damit auch die Subvention voll und ganz zusteht.
Dieses Verfahren mußte jedoch bald ruhen. Hatte die Behörde Heiner S. doch fristlos gekündigt, was Heiner S. dazu brachte, als Behörden-Angestellter drei Instanzen der Arbeitsgerichtsbarkeit zu durchlaufen. Aber es half nichts. Auch beim Bundesarbeitsgericht mußte er den Kürzeren ziehen und sodann aus dem öffentlichen Dienst ausscheiden.
Heiner S. blieb am Klagen. Als Nur-Landwirt forderte er jetzt erst recht die Subventionen für das Umstellen seines Mastviehbetriebes. Doch das Verfahren um den widerufenen Subventionsbescheid stockte vor dem Verwaltungsgericht erneut. Ein Strafverfahren lief an - gegen seinen beamteten Vorgesetzten wegen „Untreue“ und gegen den entlassenen Heiner S. selbst wegen Anstiftung dazu. Diese Klage ist beim Schöffengericht mittlerweile zugelassen. Aber auch sechs Jahre nach dem Delikt fand noch keine Verhandlung statt.
Das Bremer Verwaltungsgericht nun wollte jetzt über Heiner S. Hunger nach Subventionen endgültig entscheiden. Es setzte einen von Heiner S. langersehnten Termin auf den kommenden Montag an.
Doch jetzt spielte Heiner S. nicht mehr mit. Gestern zog er überraschend die langjährige Klage zurück. Über die Antriebsgründe will er sich nicht äußern. Spekulationen, er betreibe seine Wiedereinstellung in den bremischen öffentlichen Dienst und wolle sich wohlverhaltenund auch den Einfluß seines in der CDU-Landwirtschaftspolitik engagierten Vaters spielen lassen, wollten die beteiligten Behördenvertreter nicht bestätigen. So kann noch nicht verraten werden, wie die Mär ausgeht, und ob Heiner S. bald wieder zwei Berufe gleichzeitig ausüben wird.
Barbara Debus
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