Kölner Mensa besetzt

■ Studentische Wohnungsnot läßt Erstsemester in Kantine kampieren / Prämie für Zimmervermittlung liegt bei 1.000 Mark

Köln (taz) - In Köln gibt es seit Mittwoch vergangener Woche Gratis-Wohnraum in Uni-Nähe: Aus Protest gegen fehlende Wohnungen haben rund 30 StudentInnen die neue Mensa der Universität besetzt. Die StudentInnen - unter ihnen viele Erstsemester - waren spontan von einer Stupa-Vollversammlung zur Wohnungsnot mit Schlafsäcken in die Mensa-Eingangshalle gezogen, „damit endlich Bewegung in die Sache kommt“. Über 1.700 StudentInnen stehen auf einer Warteliste für nicht vorhandene Wohnheimplätze. Billiger Wohnraum ist in Köln nicht zu haben, die „Prämien“ für vermittelte Zimmer sind auf 1.000 Mark gestiegen.

Alle bis dato vorgeschlagenen Projekte, von einer geplanten Zeltstadt über die Instandsetzung eines leerstehenden Verfassungsschutz-Gebäudes bis zu einem Wohnwagenprojekt, seien „durch die Hinhaltetaktik von Stadt und Studentenwerk“ geplatzt, sagte ein Besetzer. „Reine Zeitschinderei“, sagte auch Asta-Vorsitzende Britta Schönefeld (AL). Für fünf Mark pro Nacht stellt die Stadt Matratzenlager und Notunterkünfte mit 16 Etagenbetten in einem Raum zur Verfügung. Zum 1. April 1990 sollen im Schnellbauverfahren 100 bis 130 Zimmer gebaut werden, 1991 soll ein Wohnheim in Efferen bei Köln erweitert werden - weniger als ein Tropfen auf den heißen Stein.

Die Selbsthilfe der StudentInnen wurde schon am folgenden Tag vom Studentenwerk „legalisiert“ - nach außen hat man das Problem somit wieder im Griff. Am Montag diskutierte das autonome Plenum „Studenten und Studentinnen besetzen die Mensa“ mit Asta-Unterstützung das weitere Vorgehen. Es wird damit gerechnet, daß sich noch einige mehr in der Mensa einquartieren. Das Semester ist erst zwei Tage alt. Das „Reizthema Hausbesetzung“ - etwa 100 städtische Wohnungen sollen leerstehen - wurde von Teilen des Plenums abgewürgt.

Ekkehart Schmidt