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Der Kampf um die Giganten

■ Ein Totalverbot des Elfenbeinhandels soll die Elefanten retten

Die Zahl der afrikanischen Elefanten ist trotz des Internationalen Artenschutz-Abkommens, das seinen zügellosen Abschuß verhindern sollte, alarmierend gesunken. Die Jagd auf Elfenbein und Dollars hat die Bestände drastisch dezimiert. Auf der Artenschutz-Konferenz in Lausanne soll jetzt die Ausrottung der afrikanischen Riesen durch ein völliges Verbot des Elfenbeinhandels verhindert werden. Doch ein Teil der afrikanischen Länder und der Hauptvermarkter Japan wollen ein Verbot blockieren.

Die zur Demonstration um das altehrwürdige Konferenzzentrum „Palais de Beaulieu“ am Genfer See angekündigten zwölf Dickhäuter erschienen nicht. Für die Solidarität mit ihren afrikanischen Artgenossen wollten sich die Elefanten nicht einspannen lassen, die - ungefährdet von Wilderen und legalen Elfenbeinjägern - bei einem derzeit in Lausanne gastierenden Zirkus ihr Gnadenbrot verdienen. An ihrer Stelle ließ eine wohlhabende Genfer Umweltschutzstiftung zwölf Schulklassen mit aufblasbaren Gummielephanten für ein vollständiges Verbot des Handels mit afrikanischem Elfenbein demonstrieren.

Doch es ist wenig wahrscheinlich, daß die seit Montag laufende 15. Tagung der „Konvention über den internationalen Handel mit gefährdeten Tieren und Pflanzen“ (CITES) die afrikanischen Dickhäuter ihren asiatischen Artgenossen gleichstellen und einen totalen Handelsbann beschließen wird. Zwar vertreten nicht nur die Arten-und UmweltschützerInnen unter den 800 Konferenzteilnehmern diese Forderungen, sondern auch zahlreiche RegierungsvertreterInnen - darunter auch der EG-Staaten, der USA, Kenias und Tansanias. Doch dagegen stehen mächtige Exportinteressen vor allem Südafrikas, Zimbabwes, Botswanas sowie der Zwischenhändler Japan und Hongkong.

Riesen-Umsätze im illegalen Elfenbeinhandel

Auf weltweit mindestens zwei Milliarden Mark schätzt das Umweltprogramm der UNO (UNEP), in deren Rahmen die CITES -Konferenz stattfindet, den jährlichen Umsatz beim legalen wie illegalen Handel mit Elephantenstoßzähnen - ein Viertel des auf acht Milliarden bezifferten, gesamten weltweiten Warenverkehrs mit „wilden“ Tier- und Pflanzenprodukten. Der Bestand an afrikanischen Elephanten ist im Zuge der zumeist uneingeschränkten Jagd von 1,2 Millionen Anfang der siebziger Jahre auf heute 400.000 reduziert worden. Vor allem gut ausgerüstete Wildererbanden haben seit 1975 wegen des „weißen Goldes“ allein in Kenia und Tansania 90 Prozent der Tiere zusammengeschossen. 45 Mark verdient der Durchschnittskenianer im Monat - rund 200 Mark bringt ihm ein einziger Stoßzahn. Ugandas Elephanten wurden in den achtziger Jahren fast völlig ausgerottet. Sambia, Somalia und Senegal verloren zwischen 1981 und 86 rund drei Viertel ihrer Herden, Sudan, Mozambique und Liberia zwei Drittel, Malawi, Rwanda, Sierra Leone, Zaire, Guinea und die Zentalafrikanische Republik etwa die Hälfte.

Doch die Erkenntnis wächst bei zahlreichen afrikanischen Regierungen, daß die lebenden Elephanten, zum Beispiel als Touristenattraktion den Ländern mehr einbringen, als der Export ihrer Stoßzähne. So wird der Wert, den Kenias noch lebende Dickhäuter für das Land haben, von Experten mit 45 Millionen Mark auf doppelt so hochgeschätzt, wie die letztjährigen Einnahmen des ganzen afrikanischen Kontinents aus dem Elfenbeinhandel. Mit der spektakulären Verbrennung von zwölf Tonnen Elfenbein - damaliger Marktwert 5,4 Millionen Mark - begann Kenias Präsident Daniel Arap Moi im Sommer 1988 die Kampagne seines Landes für einen totalen Handelsbann. Zahlreiche Staaten verhängten seitdem ein bis zum Beginn der CITES-Konferenz befristeten Einfuhrstop für legale wie illegale Ware. Auf diese Weise sollte zumindest eine Zunahme des wilden Abschlachtens von Elephanten verhindert werden. Ein Erfolg dieser Maßnahme war, daß der Elfenbeinpreis um bis zu 50 Prozent gefallen ist. Die afrikanischen Hauptgegner eines handelsverbots - Südafrika, Zimbabwe und Botswana - verweisen darauf, daß sich die Bestände in ihren gut bewachten Reservaten, in denen nur kontrolliert gejagt werden darf, vermehrten oder zumindest nicht abnehmen. Kritiker warfen den Regierungen in Pretoria, Harare und Gabarone allerdings vor, Elephanten, die die Grenzen zwischen den drei benachtbarten Ländern überschreiten, doppelt oder gar dreifach zu zählen.

Südafrika wickelte 1988 mindestens 15 Prozent des weltweiten Elfenbeinhandels ab. Ein Großteil ist aus anderen afrikanischen Ländern eingeschmuggelte Ware. Denn bereits 1987 exportierte Pretoria - bei einem mit 9.000 Dickhäutern angegebenen Eigenbestand - über 14.000 Stoßzähne. Den größten Profit aus dem Elephanten schlagen bislang Japan und Hongkong - gemeinsam Abnehmer und Umschlagplatz für 80 Prozent des offiziell und illegal gehandelten Elfenbeins.

Japans Rolle ist denn auch Anlaß zu heftiger Kritik von Art - und Umweltschützern am CITES-Sekretariat und dessen kanadischen Generalsekretär Eugene Lapointe. Die „Japanische Handels- und Importeursvereinigung“ finanzierte zusammen mit anderen Handelsorganisationen in den Jahren 1986 bis 88 zwei Drittel der CITES-Aktivitäten zur Elfenbeinfrage. Umwelt und Artenschutzgruppen kamen für nur zehn Prozent der Mittel auf. Und wie zu Beginn der Lausanner Konferenz bekannt wurde, spendeten die japanischen Geschäftsleute vor kurzem zusätzlich 140.000 US-Dollar an Lapointe. Zweckbestimmung: Schutz der Elephanten.

Die „weiche Linie“

von Monsieur Lapointe

Lapointe finanzierte mit dem Geld unter anderem ein Seminar, auf dem letzte Woche in Amsterdam die VertreterInnen südamerikanischer Länder auf eine „weiche Linie“ für die Lausanner Konferenz eingeschworen wurden. Mehrere Länder darunter die Bundesrepublik - verlangen eine Aufklärung des Skandals. Forderungen nach Lapointes Rücktritt wurden laut. Die vom CITES-Generalsekretär vertretene „weiche Linie“ heißt kontrollierte, kontigentierte Elephantenjagd und Elfenbeinhandel verbunden mit Aufzuchtprogrammen statt eines totalen Verbots. Lapointe verweist auf die angeblichen Erfolge eines eingeschränkten, streng überwachten Handels bei anderen Tierarten, zum Beispiel Kaimanen. Die Gegner der „weichen Linie“ verweisen zudem darauf, daß die Existenz eines legalen Marktes auch weiterhin die „Weißwaschung“ illegaler Ware erlaube. Entscheiden wird die Lausanner Konferenz nächste Woche. Die notwendige Zwei-Drittel -Mehrheit der TeilnehmerInnen für eine Resolution, die einen vollständigen Bann des Elfenbeinhandels verlangt, wäre voraussichtlich vorhanden. Doch Japan und einige der am weiteren Handel interessierten afrikanischen Länder haben bereits angekündigt, daß sie eine Resolution - die sie rechtlich ohnehin nicht binden würde - nicht befolgen werden.

Andreas Zumach, Lausanne

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