: „Feucht und leer ruht das Meer“
■ Das Texte-und Zeichenkombinat Roßdorf
Im Anfang war das Meer - die Allround-Metapher, das universale Zeichen überhaupt, Objekt aller Begierden, Generalkonnotat für Fragen der Weite, des Fließens, der Ruhe; für Sex, Freiheit und Lebensqualität. Ohne das Meer gäbe es nichts, es gäbe nicht das Festland, das an seinem Rande liegt, nicht die sanfte Krümmung des unversperrten Horizonts, es gäbe nicht die Erdrundung, es gäbe keinen Kontinent am andern Ufer, keine Inseln, keine Segelboote, es gäbe keine Entdeckungsreisen und keine Überseeflüge, keine Weltkriege und keine Computerspiele. Eigentlich gäbe es ohne das Meer nichts.
Die Menschen im Norden wissen das zu schätzen. Hier dreht sich alles um das Meer, denn das Regenwetterland erhält Bedeutung erst durch Meereszungen, die an Hafenmauern stoßen. So kommt es, daß die Schreiber der Region das Meer zu ihrem liebsten Problem küren und ganze Abendprogramme füllen mit Texten, die sich der Vieldeutigkeit des Meeres -Motivs annehmen.
Das „Texte-und Zeichenkombinat Roßdorf“ ist eine Gruppe solcher Nordland-Literaten aus der großen Meeresanlieger und Hafenstadt Hamburg. In ihrem Programm „Feucht und leer ruht das Meer“ - Vorsicht, keine Greenpeace -Werbeveranstaltung - dreht sich alles um das Meer, seine Weite, Tiefe, Farbe, auch um seinen Dreck und vor allem um die Dinge, die man sonst noch so damit verbindet.
Zu viert lesen sie ihre skurril-mirakulösen Gemeinschafts -Texte, schunkeln sich durch akkordeonbegleitete Wellenweisen, skandieren gemeinsam obskure Parolen, und machen sich die Stimme
streitig. Das ist nicht so einfach: Taktsicher den Einsatz finden, die Stimme mit der richtigen Dynamik aufbauen, wieder sinken lassen, am Punkt stehen bleiben mit der Stimme, die nächste sprechen lassen.
Tradition ist das schon, und heißt dann „Kabarett“. Kabarett, literarisch, wie das Cabaret Voltaire, weiland in Zürich, wo Dada seine Kinderjahre verlebt hat. Darauf bezieht sich das Texte - und Zeichenkombinat, auf das Bürgerschrecken und Alternative-Spießer-Ärgern, auf das Programm, die Untiefen der Sprache auszuloten und anschließend eine Sprach-Karte zu entwickeln, auf der für die unterschiedlichen Sprachtiefen verschiedene Blautöne ausgesucht werden. „Doch wer kann sich unter 10.000 Meter Tiefe schon etwas vorstellen?“ fragen zielsicher die Kombinatöre. ste
Schlachthof, Fr. / Sa., 20 Uhr
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