: Lange Abende bei der Post
■ Postgewerkschaft zog vergeblich vor Verwaltungsgericht / Mitbestimmungsrecht der Personalräte wurde ausgesetzt
Der „lange“ Donnerstag gilt jetzt auch für die Post. Gestern hatten zwölf von 120 Postämter und vier Telefonläden erstmalig bis 20.30 Uhr geöffnet. Vergeblich zog am Mittwoch die Deutsche Postgewerkschaft vor das Verwaltungsgericht, um mit einstweiligen Verfügungen den Dienstleistungsabend in den betroffenen Innenstadtämtern zu verhindern.
Die Verwaltungsrichter lehnten wenige Stunden vor dem „count down“ die Verfügungen ab; grünes Licht für die Post, rotes Licht für die Personalräte, die ihre Mitbestimmungsrechte außer Kraft gesetzt sahen. Normalerweise, und so ist es auch im Personalvertretungsgesetz festgelegt, werden die Dienstpläne der Postämter in Zusammenarbeit mit den Personalräten festgelegt. Diesmal war dem nicht so. Ohne eine Diskussion über neue Planstellen auch nur zu beginnen, geschweige denn Dienstpläne mit den Amtsvorstehern und Personalräten auch nur ansatzweise zu erörtern, ordnete die Landespostdirektion über ihre beamteten und deshalb treuepflichtigen Dienststellenleiter Überstunden an.
Auch der geharnischte Protest des Bezirkspersonalrates wurde Angang der Woche vom Präsidenten der Landespostdirektion abgeschmettert. Gewerkschaftlich organsierte Betroffene des Postamtes 30 in der Schöneberger Geisbergstraße7-9 wiesen gestern in einer schnell improvisierten Flugblattaktion die Postkunden auf die Folgen hin. Die Schalter, so schrieben sie, werden zwar werbewirksam an den Donnerstagabenden gut besetzt sein, aber in den restlichen Stunden wird es durch Personalknappheit eng werden.
Tagsüber werden noch mehr Schalter als bisher verwaist sein, an anderen wiederum gestreßte Beamte sitzen. Ohne Neueinstellungen, so meinen die Kollegen, ist der Dienstleistungsabend ein trügerischer Kundendienst. Unzufriedene Postbenutzer sollten sich doch bitte mit Beschwerden direkt an die Chefs, an die Landespotsdirektion in der Charlottenburger Dernburgstraße wenden.
Anita Kugler
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