piwik no script img

Die tiefen Wunden des Josef Stabel

■ Der FC Homburg besiegt Waldhof Mannheim mit 2:1 Toren / Von grünen und blauen Mäusen

Homburg (taz) - Dem DFB sind sie ein Dorn im Auge Mannschaften wie Waldhof Mannheim und der FCHomburg. Auf sie (wen sonst?) zielt der Beschluß, die Bundesliga wieder auf 16 Vereine zu reduzieren. Graue Mäuse, Provinzkicker sind noch die freundlicheren Titulierungen, die beide zuweilen über sich ergehen lassen müssen. Doch wie Chamäleons kommen die grauen Mäuse nun aus ihren (Mauer-)Löchern, greifen an, werden grün und blau, und die Konkurrenz ärgert sich von Spieltag zu Spieltag über die überraschend guten Plazierungen. FCH-Trainer Sepp Stabel, in Kaiserslautern unter üblen Schmähungen vom heiligen, aber kriselnden Betzenberg verjagt, kann es selbst noch nicht fassen und macht in Understatement. Fünfzehn Punkte, hat er vor der Saison beschlossen, soll der FC nach der Vorrunde haben. Zwölf sind es schon.

Zum „goldigen Herbst“ hatte die 45.000-Einwohner-Stadt Homburg, Sitz der medizinischen Fakultät der saarländischen Universität, am Samstag geladen. Der immer wieder einsetzende Regen verdarb diese Fete, doch im nahen Waldstadion sahen 9.000 Zuschauer ein Spiel, das über 90 Minuten spannend war. Keine Rückpässe, kein Mauern, kein Ballhalten, keine bösen Fouls, kaum gelbe Karten Offensivfußball von beiden mit vielen Chancen für beide. Der Homburger Argentinier Sergio Maciel, von dem windigen Präsidenten Ommer in die Saarpfalz gelockt (Maciel dachte wohl eher an Hamburg), stand im Mittelpunkt. Von ihm erwarteten die wenig torverwöhnten Zuschauenden (acht Tore in sechs Heimspielen bei 8:4 Punkten) endlich einen Volltreffer.

Es wurde wieder nichts damit - Lothar Dittmer, achtzehn Monate lang verletzt gewesen, traf statt seiner nach 17 Minuten zum 1:0. Waldhof blieben nur Konter - Homburg hätte leicht auf 3:0 davonziehen können. Statt dessen hob der Exhomburger Uwe Freiler im zweiten Nachschußversuch den Ball über Torhüter Gundelach zum 1:1 ins Netz.

Nach der Pause dominierte das Mannheimer Mittelfeld wie zuletzt gegen Gladbach. Heraus kam wenig. Ein Blackout in der Abwehr und ein katastrophaler Aussetzer von Torwart Uwe Zimmermann brachte dem FCH das 2:1 durch Finkes Kopfball. Für diesen eine Genugtuung, die Rache des Verkannten, war er doch zu Ende der letzten Saison von Waldhof-Trainer Sebert abgeschoben worden. In Homburg ist der BWL-Student einer der Umsichtigsten als Organisator einer Abwehr, die bisher oft undurchlässig war wie hoffentlich die Kondome, die dem FCH via Sponsor verpaßt wurden.

Das erste Bundesligaabenteuer des FC Homburg endete 1988 nach zwei Spielzeiten mit dem Abstieg. Die Mannschaft war ein Durchlauferhitzer für Ommers Spekulationsobjekte (Andrzej Buncol) und alternde Stars (Walter Kelsch, Jimmy Hartwig). Jetzt nach dem sensationellen Wiederaufstieg aus dem Stand mit zwanzig neuen Spielern aus allen Teilen der Republik haben sich die Homburger gezielt verstärkt und in Gundelach auch einen Klassetorwart, der den übernervösen Linienkasper Scherer mit Leichtigkeit verdrängte. Für den neuen Trainer Sepp Stabel zählt indes neben seinen fünfzehn „Traumpunkten“ nach der Vorrunde nur eines: in der Tabelle vor dem 1. FC Kaiserslautern zu stehen, wenn am 2. Dezember das saar-westpfälzische Derby stattfindet. So schmerzhaft und tief können die Wunden sein, die sensiblen Trainern zugefügt werden.

Günther Rohrbacher-List

HOMBURG: Gundelach - Theiss - Finke, Wohlert - Hetmanski, Westerbeek (76. Gerstner), Hoffmann (84. Ellmerich), Jurgeleit, Homp - Dittmer, Maciel

MANNHEIM: Zimmermann - Cvetkovic - Tsionanis, Wörns Müller, Dais, Lux, Güttler, Schindler - Freiler, Meyer (77. Bührer)

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen