: Der Dom Muss Weg!
■ Heimtückisches Sakralbauwerk meuchelt große Musikkunst
Solange der Dom in seiner üppigen Präsenz in Bremen existiert, werden vermutlich immer wieder Veranstalter auf die groteske Idee verfallen, seriöse Konzerte in seinem Bauch zu zelebrieren. Jeder weiß unterdessen, daß er weder klanglichen Ansprüchen unserer Ohren, noch den klanglichen Anforderungen nichtsakraler Werke entspricht.
Die „Domisten“, jene, welche ausschließlich Domkonzerte besuchen, werden zwar schreien; aber trotzdem, die Parole kann nur lauten: Der Dom muß weg!
Da „Bremen“ nicht willens ist, eine angemessene Konzerthalle zu schaffen, sind zwei Wahlmöglichkeiten geboten.
1. Abtragung des Doms und Errichtung eines Musikgebäudes (falls das überhaupt zu bewerkstelligen ist) aus dem gewonnenem Baumaterial. Oder,
2. Abtragen und verkaufen (z.B. in die USA, die stehen bekanntlich auf „angestaubtes Europa“).
Qualitativ hochwertige Konzerte nehmen sich in der Bremer Veranstaltungsraumpalette zum Teil aus wie glitzernde Perlen im Schweinestall.
Nachzuvollziehen am jüngsten „Fallbeispiel Hogwood“. Die Akkorde der Ouvertüre zu „Die Geschöpfe des Prometheus“ mat
schen im Raum umher, unmittelbar folgende Töne erleiden den gräßlichen Erstickungstod. Ein kriminalistisches Klangdrama im Dom: Werkmord! Täter: der Raum.
Zugegeben, das Violinenkonzert war noch nicht ganz das, was es sein sollte. Abstimmung zwischen Solistin und Orchester ließen deutlich zu wünschen übrig, die Interpretation verdient im Detail eine gehörige Kritik; daß die subtile Komposition jedoch stellenweise gänzlich undurchhörbar wurde, geht ganz allein auf das Konto dieses „heiligen“ Monstrums.
Während der phantastisch gespielten 5. Symphonie quäkt eine „Domistin“ zwischen dem ersten und dem zweiten Satz, daß bei dem schnellen Tempo alles so wabbert. Also, meint sie, die Interpreten sollten doch langsamer spielen. Sicher, es wäre dann besser zu hören, aber der „Beethoven“ tot.
Es muß etwas geschehen: abtragen, einreißen, sprengen, zuschütten, wegbomben, verseuchen. Egal was, nur schnell, bevor der nächste hervorragende Interpret in dieser Stadt dem heimtückischen Gebetshaus zum Opfer fällt.
H. Schmidt
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