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Zu wenig Geld für US- und japanische Banken

Da war die Finanzierung des Übernahmeangebots für die United Airlines (UAL) denn doch mit zu heißer Nadel gestrickt worden. Dem tiefen Fall der Aktienkurse erst an Wallstreet und dann rund um die Welt ging ein deutliches Nein wichtiger US-Banker voraus, mit dem sie ein 6,8-Milliarden-Dollar-Projekt praktisch beerdigt haben. Soviel nämlich wollten das Management der Fluggesellschaft, ihre Piloten und die Fluggesellschaft British Airways zahlen, um UAL zu kaufen - aber nicht mit eigenem Geld, sondern im wesentlichen finanziert von großen US-Banken, die wiederum für den gleichen Betrag Wertpapiere in Milliardenhöhe auf dem Markt hätten plazieren sollen, die ominösen „Junk-bonds“, die auf die UAL ausgestellt worden wären.

Bislang waren solche riskanten Finanzierungen mit „Dreckspapieren“ fast immer einigermaßen sicher über die Bühne gegangen, weil die „Junkies“ attraktiv ausgestattet, sprich: hoch verzinst wurden. Doch im Gegensatz zu den anderen Mega-Aufkäufen der letzten Jahre war es diesmal anders: Die Banken mochten sich nicht beteiligen. Als das am Freitag um 14 Uhr 54 Ortszeit in Wallstreet bekannt wurde, stürzten erst die UAL-Aktien, bis ihre Notierungen ausgesetzt wurden. Dann begriffen es die BörsenspekulantInnen gleich als Anfang vom Ende dieser Finanzierungsmethode, befürchteten ein Übergreifen auf die vielen Aktienwerte - deren Kurse sie in Erwartung von Aufkäufen gepusht hatten - und begannen mit Verkäufen. So stürzte der Dow-Jones-Index innerhalb einer Stunde um 190 Punkte oder 6,91 Prozent. Die Folgen, weltweit, waren wiederum reine Spekulation.

Dabei hatten Citicorp, Chase Manhattan und First Chicago gute Gründe, sich dem UAL-Deal zu versagen. Zunächst war es der knappen Kalkulation der Offerte zu verdanken, daß nicht die üblichen 2 bis 2,5 Prozent Provision an die Geldhäuser gezahlt werden sollten, um die Junk-bonds unter die Anleger zu bringen, sondern nur 1,5 Prozent. Auch die Verzinsung sollte niedriger sein, als es nach Meinung der Banker dem Risiko angemessen gewesen wäre. Denn die drei UAL -Käufergruppen hatten eine überaus optimistische Prognose abgegeben: So sollten die Einnahmen in den nächsten Jahren kontinuierlich um zehn Prozent steigen und die Auslastungsquote der UAL-Flieger bei 66,7 Prozent bleiben und das bei grundsätzlich recht deutlichen Schwankungen in diesem Geschäft und aktuell einem leichten Rückgang im US -amerikanischen Inlandsverkehr.

Hinzu kam noch, daß andere Banken schon abgewunken hatten, während in der Vergangenheit die Geldhäuser Schlange gestanden hatten, um sich auch an den zahlreichen Übernahmen und Übernahmeversuchen bei den US-Luftfahrtunternehmen zu bereichern. Vor allem japanische Banken, ohne die in den USA kaum noch etwas geht, hatten reserviert reagiert. Sie waren schon sehr aufmerksam geworden, als vor etwa vier Wochen der Markt für die beiden Junk-bond-Emissionen ins Trudeln geriet, mit der der kanadische Tycoon Campeau den Kauf zweier großer Warenhausketten in den USA finanziert hatte. Im September war der Markt mit einem blauen Auge davongekommen: Ergebnis der Zahlungsunfähigkeit von Campeau war, daß er sein Imperium an andere Investoren verlor, nicht aber, daß andere Junk-bonds abstürzten.

Noch verstärkt wurde die Wachsamkeit der japanischen Banker durch die Ankündigung der Maschinistengewerkschaft, im kommenden Monat höhere Löhne zu verlangen - eben auch von der Pilotengewerkschaft, die als Miteigentümerin der UAL an besseren Tarifabschlüssen überhaupt kein Interesse haben konnte. Die Lohnvorstellungen wiederum ließ sich letzte Woche die Mitsubishi Bank telefonisch vom Maschinisten-Chef John Peterpaul erklären.

Der drohende „Bruderkampf“, eventuell gar mit Streik, machte die UAL für die japanischen Banker vollends unkalkulierbar. Die British Airways, die mit 15 Prozent bei UAL einsteigen wollte, reicht auch ihnen als Garant für eine profitable Zukunft nicht aus.

diba

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