: Keine neue Handschrift-betr.: "Tapetenwechsel oder neue Tünche", taz vom 13.10.899
betr.: „Tapetenwechsel oder neue Tünche“, taz vom 13.10.89
Eine neue Handschrift von Reformen kann ich leider nicht erkennen. Bei der „Aktuellen Kamera“ (AK) des DDR-Fernsehens entsteht eher der Eindruck, daß alle propagierten Verbesserungen vorne aufgebaut und hinten wieder umgeworfen werden.
Das Ziel höherer wirtschaftlicher Leistungsfähigkeit sowie eine bessere Versorgung der Bevölkerung zu realisieren sind alte Hüte. Neu ist nur die „leistungsgerechtere Bezahlung der DDR-Werktätigen“. Es bleibt der SED-Führung auch nichts anderes übrig, als hier Verbesserungen einzuleiten. „Der Kampf gegen Gleichmacherei“ (AK, 13.10.) wird schwierig, weil Schlampereien und Gleichgültigkeit gegenüber den Produktionsmitteln und -verhältnissen seit Jahren zur DDR -Wirtschaft gehören.
Erstaunt hat mich allerdings ein Minister aus Leipzig in der AK (10.10.), der betonte, daß „vom Minister bis zum Werktätigen bei der Erhöhung der Arbeitsproduktivität nunmehr auch humanitäre Gesichtspunkte zu berücksichtigen“ seien! Es wird zwar nun öffentlich ausgesprochen, was nicht mehr totzuschweigen ist, aber mit „lebensverbundenen Medien“ hat dies noch nicht viel zu tun.
Die SED muß einsehen, daß „die Partei“ nicht „immer recht hat“, und somit die Opposition ernst nehmen und zulassen! Die DDR-Opposition will den Arbeiter- und Bauernstaat nicht schwächen, sondern stärken. Ziel dieser Gruppen ist ein demokratischer Sozialismus, der stark genug ist, mehrere Meinungen zu ertragen.
Die Forderungen der Oppositionellen und deren Skepsis gegenüber der DDR-Regierung sind absolut berechtigt. Auch wenn die alte Garde abdankt, wird es von oben kaum Veränderungen und Erneuerungen geben. Die Regierungsnachrücker sind darauf geschult, „den bewährten Kurs der SED“ weiterzuführen. Trotz alledem ist es aber eine Binsenweisheit, daß echte Erneuerungen auf Dauer nicht aufzuhalten sind. Die Ketten werden, frei nach einem Song der „Gruppe Renft“, zu Strohketten und brechen sowieso.
Christoph Elfeldt, Berlin 42
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