: Kommt Yassir Arafat bald nach Bonn?
■ Berater des PLO-Chefs zur offiziellen Visite empfangen / Bundesregierung wertet Beziehungen zur Palästinensischen Befreiungsorganisation auf / Staatssekretär Sudhoff lobt gemäßigte Haltung / Israelische Botschaft protestiert gegen die Einladung
Bonn (afp/dpa/taz) - Der Berater von PLO-Chef Yassir Arafat, Bassam Abu Sharif, hat gestern in Bonn einen offiziellen Besuch des Palästinenserführers in der Bundesrepublik angeregt. Er hoffe, daß dieser sich in nicht allzu langer Zeit realisieren lasse, sagte Abu Sharif am Dienstag. Wenig später dementierte das Auswärtige Amt alle Mutmaßungen über einen baldigen Arafat-Besuch. Das Thema „wurde von keiner Seite angesprochen“, sagte AA-Sprecher Jürgen Chrobog. Der Staatssekretär im Auswärtigen Amt, Jürgen Sudhoff, hatte am Vortag die maßvolle Haltung der PLO im israelisch-arabischen Konflikt gewürdigt. Mit Abu Sharif hält sich erstmals ein ranghoher PLO-Politiker auf offizielle Einladung in Bonn auf. Die Bundesregierung hat damit die Beziehungen zur Palästinenserorganisation aufgewertet. Am Montag protestierte Israel gegen den Besuch.
Abu Sharif betonte vor Journalisten, daß die PLO auf der Basis des Zwei-Staaten-Modells nach wie vor zu einer friedlichen Koexistenz mit Israel bereit sei. Er bekräftigte die Erklärungen des palästinensischen Exilparlaments vom November 1988 in Algier und Arafats in Genf, mit denen die PLO ihre Position zu den Sicherheitsratsresolutionen 242 und 338 neu definiert und das Existenzrecht Israels anerkannt hatte. Die Beschlüsse gelten auf Dauer, auch wenn Israel diesen „historischen Kompromiß“ als taktisches Manöver hinstelle. Die Palästinenser leisteten jedoch weiter Widerstand gegen die Besatzung, auch wenn der „organisierte Terror“ Israels immer schlimmere Formen annehme. Die PLO wache darüber, daß im Widerstand keine Schußwaffen benutzt würden. Abu Sharif forderte die Bundesrepublik und die EG auf, ein Zeichen setzen, daß sie das Verhalten Israels gegenüber den Palästinensern nicht billigten.
Der Vertraute Arafats verwies auch darauf, daß die PLO die vermehrten Übergriffe von Palästinensern auf angebliche Kollaborateure mit der israelischen Armee verurteile. Jeder Araber, der eines solchen Handelns verdächtigt werde, müsse vor ein ordentliches Gericht gestellt werden. Gleichzeitig kritisierte er die unverhältnismäßig starke Beachtung, die derlei Fälle in der westlichen Presse fänden. Mit der Einladung für Bassam Abu Sharif kommt die Bundesregierung ihren Verpflichtungen innerhalb der EG nach, die im Juni beschlossen hatte, die Beziehungen zur PLO hochzustufen. Mit Rücksicht auf Israel hatte die Bundesregierung lange gezögert, offizielle Kontakte zur PLO aufzunehmen, obwohl auch die USA mit der PLO-Führung in Tunis Gespräche führen. Wegen dieser Rücksichtnahme war Bonn, anders als Paris, vorerst (noch?) nicht bereit, Arafat selbst einzuladen.
40.000 mal Danke!
40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen