: Der wahre Batman
■ Hartnäckig und verbissen gegen das Böse in der Welt / Prüder Held mit unfreiwilliger Komik
Die Bat-Mania ist bereits aus den USA kommend via Großbritannien auch über die Bundesrepublik hereingebrochen und wird allerorten prononciert als letzter Schrei ausgegeben. Tatsächlich aber ist sie nur die Neuauflage eines totgeglaubten Kults, der bereits Mitte der sechziger Jahre in den USA für Furore sorgte. Schon damals gab es im kalifornischen Sunnyvale eine Disco, die nach dem Stammsitz von Batmans alter ego „Wayne Manor“ benannt worden war. Hier trugen die Türsteher Bat-Capes, der Maitre trat als Batmans Erzfeind „The Joker“ auf, und der stramme Superheld nebst Partner Robin erstrahlte als neofarbenes Gemälde an der Wand des Etablissements. Damit nicht genug, kreierte ein Detroiter Friseur die „Batcurl„-Frisur , für die das Haar der Delinquentin nach Art der Bat-maske geformt wurde. Eine Haartracht, die selten die erste liegend verbrachte Nacht überstand.
Auslöser dieses Bat-Fiebers war die Fernsehserie um den Multimillionär Bruce Wayne, der unter dem Künstlernamen Batman ebenso hartnäckig wie verbissen das Böse in der Welt bekämpfte. Sie entstand 1965 im Auftrag der TV-Gesellschaft ABC, die ein attraktives Zugpferd für die wichtige 19-Uhr-30 -Schiene benötigte, galt doch damals noch die Regel, daß der Durchschnittszuschauer das um diese Zeit gewählte Programm für den Rest des Abends beibehielt - Fernbedienungen gab es noch nicht.
Ein Comic-Charakter sollte es nach dem Willen der Programmgewaltigen sein. Zur Auswahl standen Dick Tracy, Superman, Batman, The Green Hornet und Little Orphan Annie. Die Rechte an den ersten beiden waren nicht verfügbar, also versuchte man es mit dem Dritten im Bunde der Tapferen. Der Produzent William Dozier, der eigenen Angaben zufolge nie zuvor einen Comic in Händen gehalten hatte, wurde mit der Konzeption der Serie betraut. Er erkannte alsbald die unfreiwillige Komik, die der Figur des gestrengen, unermüdlichen und prüden Kämpfers wider das Verbrechen eigen war. Dozier hatte die Idee, diesen Effekt zu nutzen und auszubauen, die edlen Eigenschaften des unerschrockenen Helden auf die Spitze zu treiben und damit der Lächerlichkeit preiszugeben. Ein gewagtes Spiel, wie sich bereits anläßlich einer Testvorführung des für damalige Verhältnisse mit 300.000 Dollar Produktionskosten ungewöhnlich teuren Pilotfilms zeigte. Das ausgewählte Publikum konnte offenbar wenig anfangen mit diesem Film: Ein eigenartiger Held verrichtete bierernst die verrücktesten Dinge, kämpfte mit eigenartigen Waffen wie dem „Anti-Hai -Spray“, und die Geräusche wurden mitunter durch Sprechblasen mit Wörtern wie „Aargh“!, „Eee-yow!“ oder „Zgurpp!“ ersetzt. Es war eben „ein Film für Leute mit Sinn für Unsinn“, wie das Fachorgan 'Science Fiction Times‘ später schrieb.
Trotz dieser zunächst enttäuschenden Erfahrung entschloß sich ABC, den Pilotfilm zu senden - und tat recht daran, denn prompt stellte sich der Erfolg ein. Das Fernsehpublikum (besonders das jüngere) reagierte begeistert. Prominente Schauspieler rissen sich darum, einen der Widersacher des ulkigen Fledermäuschens spielen zu dürfen. Ihre Liste liest sich beinahe wie ein Who is Who im Hollywood der Mittsechziger. Art Carney und Tallulah Bankhead standen ebenso in den Credits einzelner Folgen wie Cliff Robertson, Joan Collins, Zsa Zsa Gabor, Otto Preminger oder George Sanders.
Am 12.Januar 1966 ging die erste Episode über den Bildschirm, und von da ab trat der stramme Streiter allabendlich um 19.30 Uhr an, das Böse aufzuspüren und auszurotten. Der Erfolg hielt an bis 1968. Dann erschien Batman nur noch einmal die Woche, schließlich verschwand er ganz. Der Mann mit der wehenden Kutte und seine Bat -Accessoires hatten ausgedient. Hauptdarsteller Adam West beklagte später im Interview mit Andrew Edelstein, daß die Drehbücher gegen Ende immer schlechter geworden waren und die Produzenten Sparmaßnahmen veranlaßt hatten. So wurden beispielsweise die Sprechblasen nicht mehr über das laufende Filmbild gezeigt, sondern in Stummfilmmanier zwischengeschnitten, was natürlich den Comic-Strip-Effekt völlig verdarb.
Adam West aber blieb der Figur des Batman weiterhin verbunden und schlüpfte noch häufig für Autogrammstunden und Shows in das hautenge Kostüm des Helden. Noch immer bekommt der Sechzigjährige Post von den Bat-Fans, die sich unter anderem bitter über den aktuellen Bat-Kinofilm beklagen, weil dessen Hauptdarsteller Michael Keaton so überhaupt nicht ihrem Bild vom Mann mit der Maske entspricht. Wie das aussieht, können bundesdeutsche Fernsehzuschauer ab 25. September erfahren, wenn SAT 1 um 19.30 Uhr mit der Ausstrahlung der kultisch verehrten, legendären Serie aus den Sechzigern beginnt.
Harald Keller
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