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Prügel für Ehefrauen

■ Regierungsblatt in Kamerun debattiert das Wie und Wann In den Städten gehen immer mehr Frauen vor Gericht

Jaunde (afp) - Kameruns Ministerin für Soziale Angelegenheiten und Frauenfragen wird sich beim Lesen der Regierungszeitung der Größe ihrer Aufgabe bewußt geworden sein. Denn seit einem Monat wird in der 'Cameroon Tribune‘ eine Debatte zum Thema „Sollen Männer ihre Frauen schlagen?“ ausgetragen.

„Die Meinungen sind geteilt, noch ist unklar, welche sich durchsetzt“, teilte die Redaktion der Zeitung mit, die sich geschickterweise aus der Debatte heraushält.

Unter den Befürwortern des Schlagens, das von einigen als „vorväterliche Praxis“ bezeichnet wird, finden sich Verfechter „leichter Schläge“, um zu verhindern, daß die Frau körperlich geschädigt wird, Anhänger der Bestrafung „im privaten Zimmer und nicht in der Öffentlichkeit“ und solche, die ohne jede Scham zur „guten Bestrafung um 2 oder 3 Uhr morgens“ raten, „wenn alle anderen schlafen“.

Die Argumente sind zum Teil willkürlich - „Von Zeit zu Zeit ist es nötig, einige Ohrfeigen zu verteilen, um unsere lieben Schwestern zur Vernunft zu bringen“ -, zum Teil irrational. Etwa wenn Leser schreiben, daß „in einigen Haushalten das Fehlen von Bestrafung auf fehlende Liebe schließen läßt“.

Die Gegner solcher „Strafen“ berufen sich auf die allgemeine Erklärung der Menschenrechte und halten das Schlagen „mitten im 20.Jahrhundert, wo die ganze Welt soeben das 200jährige Jubiläum der Französischen Revolution gefeiert hat“ für total anachronistisch. Mehrere auf die Debatte angesprochene Verantwortliche des Ministeriums für Soziale Angelegenheiten und die Lage der Frau (Minascof) zeigen sich kaum besorgt darüber, daß diese Diskussion in einer Regierungszeitung geführt wird, während doch Kamerun zahlreiche internationale Konventionen zur Verbesserung und zum Schutz der Rechte der Frauen unterzeichnet hat.

Die Beamten erklären, es gebe einen großen Unterschied zwischen den Diskriminierungen im juristischen Bereich und denen, die aus Bräuchen und Traditionen heraus erfolgen. Das Minascof habe keine einschränkende Funktion, sondern die Aufgabe der Verständigung, des Nachdenkens und der Unterbreitung von Vorschlägen. Nach Angaben der Beamten gehen in den Städten immer mehr Frauen wegen Verletzungen durch Schläge bei „traditionellen“ Bestrafungen vor Gericht. Auf dem Lande ist dies jedoch noch selten, fast undenkbar. Denn dort fänden die Frauen sich vor einem Traditionsgericht wieder, dessen Aufgabe ja gerade darin besteht, die alten Bräuche zu erhalten.

Die 'Cameroon Tribune‘ hat indessen der interessierten Öffentlichkeit bereits ein neues Diskussionsthema vorgeschlagen: Darf Monsieur die Handtasche von Madame durchsuchen?

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