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Wer sucht, der wird finden? Von wegen!

■ Wohnungsnot der StudentInnen in Hessen drängender denn je / Selbsthilfeaktionen wie Tropfen auf den heißen Stein Gießener Vermieter sehen in Aussiedlern lukrativere Einnahmequelle / Protestaktionen zu Semesterbeginn noch unterentwickelt

Frankfurt (taz) - In Hessen steht die Bewährungsprobe für die verschiedenen Notprogramme noch bevor: Spätestens in der kommenden Woche ist mit Semesterbeginn an der Technischen Hochschule das Wohnungschaos in Darmstadt komplett. Mit den neuen Erstsemestern an der TH wächst die Zahl der Studierenden in Darmstadt auf insgesamt 25.000 an. Ihnen stehen 2.000 Wohnheimplätze zur Verfügung. Die über 9.000 StudentInnen an der Fachhochschule hatten zu Semesterbeginn bereits zur Selbsthilfe gegriffen. Aber das „studentisches Zeltnotlager“ auf dem Campus wurde vor kurzem wegen den klimatischen Bedingungen aufgegeben. Derzeit stehen noch acht bewohnte Wohnwagen und Wohnmobile zur Verfügung. Das Studentenwerk müht sich um Flächen für Wohnheimneubaumaßnahmen. Der Magistrat setzt bei der Bebauung von Freiflächen derzeit jedoch auf Parkhäuser. Abhilfe ist erst in den kommenden Jahren in Sicht: Dann soll das alte Polizeipräsidium für StudentInnen umgebaut werden. Jugendherbergen sind von StudentInnen nahezu ausgebucht. Ansonsten gilt auch hier die Devise: Tägliche Anfahrten bis zu 100 Kilometern sind keine Seltenheit.

In Wiesbaden kommen auf 2.800 StudentInnen an der FH ganze 56 Wohnheimplätze. Das Studentenwohnheim „ist eine prima Einnahmequelle für die Stadt, ansonsten fehlt es an dem Prestigeobjekt an allen Ecken“, erklärte ein AStA-Sprecher.

In der mittelhessischen Universitätsstadt Gießen suchen nach AStA-Schätzungen mindestens 300 Studenten noch ein Dach über dem Kopf. Rund 1.800 Betten stehen in Wohnheimen für 25.000 Studierende zur Verfügung. Notquartiere wurden im Studentenwohnheim eingerichtet: 1,50 Mark kostet die Nacht pro Nase. 180 weitere Wohnheimplätze sollen gebaut werden ausgerechnet auf einer Industriebrache mit potentieller Altlast, wie ein AStA-Sprecher berichtete. Im vergangenen Jahr sind die Mietpreise in Gießen bis zu 30 Prozent angestiegen, auch im Umland gab es dramatische Preissteigerungen. Ein weiteres Problem sind laut AStA die Aus- und Übersiedler. Die zentrale Aufnahmestelle für diese Problemgruppe auf dem Wohnungsmarkt dient Vermietern als Rekrutierungsfeld für überteuerte Wohnungen. Mit Aktionen in der Innenstadt machten StudentInnen auf ihre Not und die zahlreichen leerstehenden Häuser aufmerksam.

Einige Kilometer weiter in Marburg stehen 1.000 StudentInnen auf der Warteliste für Wohnheimplätze. Den 16.000 StudentInnen stehen 2.200 Plätze zur Verfügung. Als „Zwischenspeicher“ dienen 100 Notbetten in den Gemeinschaftsräumen der Studentenheime. Die Jugendherbergen sind weitgehend voll, und „einige hundert StudentInnen werden wegen der Wohnungsnot Marburg wieder verlassen“, meint der AStA. Im ländlichen Umfeld Marburgs steht kaum Wohnraum für die zu 70 Prozent nicht aus Marburg oder Umgebung stammenden StudentInnen zur Verfügung. Mittelfristig werden durch den Aus- und Neubau von Wohnheimen zum April kommenden Jahres insgesamt 300 neue Plätze entstehen, 240 davon wird ein privater Investor finanzieren.

In Kassel griffen StudentInnen zur Selbsthilfe und hatten Erfolg: Nach der kurzfristigen Besetzung eines Raumes an der Gesamthochschule stellte das Studentenwerk am Mittwoch eine Notunterkunft für 20 Wohnungssuchende zur Verfügung. Ganze 680 Wohnheimplätze sind ansonsten für die 12.500 Studierenden da. Der Trend auch hier: Mitwohnen und Jugendherberge. In Frankfurt spitzt sich die Wohnraumnot mit Beginn des Wintersemesters weiter zu: Für 40.000 Studierende stehen nur 2.800 Wohnheimplätze zur Verfügung. Beim Studentenwerk sind derzeit rund 1.000 StudentInnen als wohnungssuchend gemeldet. Der AStA schätzt die tatsächliche Zahl derer, die wenige Tage vor Semesterbeginn noch auf der Suche nach einer Wohnung sind, auf rund 8.000 Menschen. Den Grund für die Misere sehen die Grünen im Römer bei vielen: der Stadt, der Universität, dem Studentenwerk und dem Land, die trotz Kenntnis der Probleme keinen ausreichenden Wohnraum geschaffen hätten. Sie fordern kurzfristig umzusetzende Projekte sofort zu realisieren. So soll ein früheres Bordell als Wohnheim umfunktioniert und ein Fertighaus-Studentenwohnheim gebaut werden, wenn denn ein Grundstück dafür gefunden werden könne. Leerstehende städtische Häuser sollen zwischenvermietet werden und auch unkonventionelle Nothilfen, wie das Wohnen in ausgedienten Eisenbahnwaggons, nicht gescheut werden. Eine Arbeitsgruppe aus Stadt, Land, Uni, Studentenwerk und StudentInnenvertretung soll mittel- und langfristige Lösungen erarbeiten. Zuvor müßte die in rot-grünen Koalitionsvereinbarungen genannte Arbeitsgruppe allerdings erstmal ins Leben gerufen werden.

Michael Blum

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