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Erholung vom Streß per Mind-Machines

■ Eines der ersten deutschen Relax-Studios in Bremen eröffnet / Computergesteuerte Simulationsgeräte trainieren Gehirn

Für alle, die gestreßt sind, die ihr Konzentrationsvermögen und ihr kreatives Potential steigern wollen, für alle, die „tiefe mentale und körperliche Entspannung“ für sich erreichen wollen, bietet seit gut zwei Wochen ein „Relax -Studio“ in Bremen schnelle Hilfe an: über computergesteuerte „Mind-Machines“. Derartige Gehirn -Trainer, die bereits in zahlreichen Variationen den Markt überfluten, dienen zur optisch/akustischen und elektromagnetischen Stimulation des Gehirns. Per Knopfdruck gibt ein Computer über Kopfhörer und Spezialbrille dem Gehirn bestimmte Wellenmuster vor, auf deren Frequenz sich die beiden Hirnhälften einschwingen: Die für rational -analytisches Denken zuständige linke und die eher intuitiv -bildhaftes Vorgehen steuernde rechte Hirnhälfte werden synchronisiert - auf Wellenlängen, die vom wachen Konzentrationszustand (Beta-Wellen, 13-30 Hz) über den Alpha -Wellenbereich der Entspannung zwischen Wachen und Schlafen (8-12 Hz) bis zum Theta-Bereich (4-7 Hz) bestimmter Schlafphasen reichen. „Solche Wellen können sonst nur durch bestimmte Praktiken wie transzendentale Meditation und Yoga hervorgerufen werden“, erklärt dazu der Hersteller solcher Brain-Machines, und weiter: „Die innovative Me

ditation per Computer ist keine Zauberei, sondern das Nutzbarmachen von biophysischer Gehirnforschung.“

„Natürlich ist auch die Entspannung an der Mind-Machine, wie jede andere Therapie auch, eine Form von Manipulation“, meint Dietmar Bölter, selbst Sozialpädagoge und Therapeut und Betreuer des Bremer Relax-Studios. Jeder Besucher wird dort

vor der Sitzung bei einer Tasse Tee und einschmeichelnder Musik gründlich informiert. Im Nebenraum spielt sich dann das eigentliche Geschehen ab: Drei Futon-Betten laden zum meditativen Verweilen ein. 45 Minuten dauert jedes der elf Standardprogramme. Den summenden Signalen aus dem Kopfhörer kann sich die KundIn je nach Geschmack eine Musikkassette beimischen

lassen: Klassisches Violinkonzert oder spezielle Entspannungsmusik, ganz wie's gefällt. Über die Spezialbrille werden (bei geschlossenen Augen) optische Reize auf die Netzhaut übertragen: Die Blitze rufen dort (z.T. farbintensive) Traum- und Phantasiebilder hervor. Die rhythmischen Impulse werden im Gehirn verarbeitet. „Dies ist ein normaler physiologischer Vorgang“,

erklärt Dietmar Bölter und beschreibt das Gehirn-Jogging als „Intensivierung von Sinneseindrücken“, die darüber hinaus nicht in die Abläufe des Gehirns eingriffen.

„Zu uns kamen bis jetzt etliche Menschen, die gewohnt sind zu meditieren“, so Bölter. Etliche seien Therapeuten oder Heilpraktiker. Bölter: „An der Mind-Machine erreicht man schon nach zwei Sitzungen einen Entspannungszustand, für den man per Meditation oder autogenes Training zwei Jahre braucht.“ Noch laufende Langzeitstudien in den USA, wo das Gehirn-Jogging seit Jahren besonders unter Yuppies boomt, und am Landeskrankenhaus in Wien hätten bisher keine negativen Folgen oder Schäden durch die elektronischen Anti -Streßhilfen ergeben. Im Gegenteil würde sich zunehmend auch die Medizin dieser Simulations-Geräte bedienen, etwa um Schlafstörungen oder Depressionen zu therapieren. „Mit unserem Angebot können und wollen wir natürlich keine Therapie ersetzen“, betont Bölter und berichtet von den spektakulären Erfolgen der britischen Ärztin Meg Patterson, die mit ihren Mind-Machines Rockstars wie Keith Richard beim Entzug von der Sucht geholfen habe.

Birgitt Rambalski

(Literaturhinweis: „Natur„-Biobeilage, Okt. 1989)

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